«der arbeitsmarkt» 11/2008

Ideen, Gelegenheiten, Geschäfte

Reto Schaufelberger hat Ideen, meidet Banken und hat seine Finanzen immer im Griff. Er wirtschaftet nach einfachsten Prinzipien, aber auf Sicherheit bedacht. Sein Business: ein Sportgeschäft, Golf und Events.

Er hat das Geschäftemachen im Blut wie ein Rennfahrer Benzin: Reto Schaufelberger, 35, ist seit 14 Jahren Unternehmer und sprüht noch immer vor Ideen. Schon während der Lehre als Kaufmann nagte in ihm die Frage, mit welchem Geschäft er sich etablieren könnte, da ihm klar war, dass er sich selbständig machen musste. «Ich ertrage den Gedanken nur schlecht, dass mir tagein, tagaus jemand sagt, wie der Hase läuft im Geschäft.» Denn dafür hat der Jungunternehmer selbst einen angeborenen Riecher.
Schaufelberger, der in Pfäffikon im Zürcher Oberland lebt und arbeitet, ist ein gradliniger Typ ohne Schnörkel. Prestige und ­Luxus sagen ihm wenig, er trinkt nicht, raucht nicht, treibt Sport, arbeitet – that’s it. Er lebt für sein Unternehmertum, bezeichnet es sogar als Hobby, weil er darin seine Ideen verwirklichen kann. Die vielen Arbeitsstunden sind für ihn keine Mühsal, die ihm ­seine Freizeit wegfrisst.
Wittert seine Goldnase eine Chance, sondiert Schaufelberger sofort die Lage. Ist das Ziel einmal gesteckt, handelt er zügig und zielorientiert. Der vorausgehende Rechercheprozess muss schnell über die Bühne gehen. Es wäre doch zu dumm, wenn ihm ein anderer zuvorkäme. Schliesslich hätten auch andere ein Näschen für Geschäfte. Seine kompetitive Natur führt Schaufelberger auf seinen Sportsgeist zurück. «Ich fackle nicht lange. Warum warten, wenn ich weiss, dass etwas geht?» Trotz allen Tatendrangs sei er nicht risikofreudig. Schaufelberger vertraut auf sein Kalkül und will ganz sicher sein, da er nur mit Eigenkapital agiert. Sein Vater hatte im Strassenbau gearbeitet, das Geld lag für die Familie nicht einfach auf der Strasse. Diese Situation hat Reto Schaufelberger geprägt. «Meine Eltern lehrten mich, nie mehr Geld auszugeben, als man im Sack hat. Schulden machen hiesse sich abhängig machen, was mir total zuwiderliefe», sagt er bestimmt. Bankkredite sind für ihn ein rotes Tuch: «Ich will absolut unabhängig sein.»

Es begann mit einem Snowboard-Shop

Nach der Lehre, 1992, kam Reto Schaufelberger durch einen Freund ins damals noch taufrische Snowboard-Business. 1995 machten sich die beiden zu 50 Prozent selbständig und gründeten in Auslikon am Pfäffikersee den kleinen Snowboard-Shop «Sport Attack» – mit je 10 000 Franken Startkapital. Schaufelberger war gerade mal 21 Jahre alt, das Geld hatte er selbst erspart. Die beiden Jungunternehmer bauten ihre Ladeneinrichtung selbst, und zwar so günstig wie möglich. Vater Schaufelberger half mit zum Null­tarif, denn Reto hat im Handwerk zwei linke Hände. Man könne halt nicht in allem ein Macher sein. Geld konnten seine Eltern keines beisteuern. Entlastend war in der Startphase, dass er bis 23 bei den Eltern wohnte. Gegönnt habe er sich in jener Zeit nicht viel. Im Ausgang war er selten, gekleidet war er stets schlicht. Ein altes Auto für 2000 Franken, ein Ford, habe die nötigen Dienste geleistet.
Der boomende Markt der kultigen Schneebretter versprach schnelles Wachstum – Schaufelberger hatte Lunte gerochen und ritt auf der Welle der «Boarder-Szene» mit. Er hatte den Zeitgeist erfasst, seine Faszination war echt. Begeisterung für seine Sache gehört bei Schaufelberger immer dazu.
Nachdem sein Partner nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen ausstieg, bezog Schaufelberger im nahen Pfäffikon ein grösseres Ladenlokal, in dem er heute ein breites Sportartikel-sortiment anbietet. Er beschäftigt drei Mitarbeiter und zwei Lehrlinge. Der Umsatz schwanke zwar, mal mache er 400 000, mal 600 000 Franken im Jahr. So sei das eben in der Geschäftswelt: ­Eigentlich sei nichts sicher, das gehöre dazu – und Schaufelberger fügt sich hinein mit viel Vor- und Weitsicht.
Eine Managerschule hat Schaufelberger nie interessiert. Er kocht konsequent sein eigenes Süppchen: «Mein Rezept ist einfach: keine Schulden machen, klein anfangen, die Buchhaltung immer fest im Griff haben, und zwar an jedem Tag – das ist das A und O. Zudem muss man den Markt beobachten und allenfalls rechtzeitig seine Strategie korrigieren, nur so viel, wie nötig ist.» Dazu brauche es aber eine gehörige Portion Bescheidenheit, auch im Privatleben: Man halte seine Fixkosten so tief wie möglich. Das mag auf Dauer hart sein, aber dafür spuckt einem niemand ins Süppchen. Schaufelberger gibt es ein echtes Gefühl von Freiheit und Selbstverantwortung.

Der Dreh mit dem Golfball

Als Teenager interessierte sich Schaufelberger für Fussball und Minigolf. In dieser Sportart wurde er mit 17 Jahren Schweizer Juniorenmeister. Subtrahieren wir «Mini», bleibt Golf. Diesem einst elitären Sport hing er im Geheimen nach. Doch lange schien Golf für ihn aus finanziellen Gründen unerreichbar. Als er dann Unternehmer wurde, erfüllte er sich diesen Wunsch Ende der Neunzigerjahre mit einem Teil des kleinen Gewinns. In jener Zeit mauserte sich Golf zusehends zur Trendsportart. Und ­Schaufelberger befand sich mittendrin: Von seiner Faszination für den Golfsport getrieben, eröffnete er 2003 eine Indoor-Golfhalle, das «Golfodrome» in Glattbrugg in der Nähe des Flughafens Kloten.
Die Idee dazu kam ihm, als er 2002 auf der Internationalen Sportmesse in München einen Golfsimulator entdeckte. Da hing in einem Kabäuschen von zirka 16 Quadratmetern Grundfläche ein Projektor, der via Computerprogramm bekannte Golf-Ranges aus der ganzen Welt auf eine Leinwand ­projizierte, auf die man mit vollem Schwung seine Bälle spielte.
Schaufelberger war sofort infiziert. Da ihm für ein solches Projekt die Mittel fehlten, sprangen zwei Freunde als Partner ein, ein Banker und ein Elektriker. So liess sich das Risiko clever verteilen, ohne mit einer Bank zu arbeiten. Rund 450 000 Franken ­waren veranschlagt, doch das war immer noch zu viel. Deshalb bauten die drei mit ­Hilfe weiterer Freunde die Halle selbst um: «Durch möglichst viel Eigenleistung reduzierten wir die Investitionen auf rund 200 000 Franken. So wurde das Projekt realisierbar.» Golf ist ein Outdoorsport im Sommer. In der Halle können die Golfer nun auch im Winter an ihrem Schwung feilen, Technik- und Mentalkurse buchen oder einfach ihrer Lust am Golf nachgehen. Schaufelberger, mittlerweile Mitglied des Golfclubs Winterberg, spannte schnell ein Netzwerk über Golfclubs, Golflehrer und Händler von Golfartikeln. Es gibt im Golfodrome auch einen Shop von «Wilson», dem weltweit wichtigsten Anbieter von Golfartikeln.
Zusätzlich vermietet Schaufelberger das Golfodrome als Eventhalle für Firmenanlässe. «Anlässe, bei denen man aktiv sein kann, sind bei den Firmen in», weiss der schlaue Unternehmer. Und manch ein solcher Gast bleibt am Golf hängen: bucht Kurse, kauft ein Abo für die Halle sowie eine Ausrüstung. Nebenbei organisiert Schaufelberger auch Golfturniere in Winterberg und trainiert die Junioren.

Selbständiger Partner gesucht

Das Eventgeschäft brachte Reto Schaufel­berger auf seine jüngste Idee: eine Vermittlungsplattform im Internet, die «Firmen-Events» heisst. Wer einen Anlass plant, findet dort Angebote, die nach Aktivitäten gegliedert sind, wie Bogenschiessen oder Reiten. Für den Suchenden ist diese Dienstleistung gratis. Die Anbieter kostet es: Sie bezahlen
50 Franken im Monat, um katalogisiert zu werden, und erhalten eine Website, die für
sie gepflegt wird. «Gegenwärtig suche ich eine Person, die dieses Geschäft auf selbständiger Basis führt und Anbieter ins Boot holt. Denn für mich ist es einfach zu viel», sagt Schaufelberger. Er würde die ersten sechs Monate sogar auf seine Provision verzichten. «Hauptsache, das Projekt fliegt», schwärmt der Idealist.
Eigentlich habe er noch viele Geschäfts­ideen, aber momentan fehle ihm die Zeit, noch mehr anzugehen. Ja, und im November will er heiraten, bald wird er Vater. Dass er Familie und Geschäft unter einen Hut bringen kann, daran zweifelt er nicht. Er ist ­sicher, dass er bisher alles richtig gemacht hat. Reto Schaufelberger weiss, was er will.

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