«der arbeitsmarkt» 05/2006

Humor als Schmiermittel beim Networking

Kriselt es in einem Unternehmen oder einer Abteilung, kommt Emil Herzog wie gerufen. Der ehemalige Manager bietet mit seinem Unternehmenstheater aussergewöhnliche Lösungen an.

der arbeitsmarkt: Herr Herzog, sind Sie ein humorvoller Mensch oder ein 
guter Schauspieler?
Emil Herzog: Eindeutig ein humorvoller Mensch. Ich hatte nicht gerade eine einfache Kindheit. Doch ich entdeckte, dass ich mich mit Humor durchsetzen kann. Humor begleitet mich schon das ganze Leben.
 
Wie sind Sie auf Ihre heutige Tätigkeit gekommen?
Nachdem ich 20 Jahre als Marketingmanager tätig war, konzentrierte ich mich auf das Theaterspiel. Aber nach rund 250 Bühnenauftritten in der Schweiz und Deutschland hat mich auf Dauer auch das nicht befriedigt. Ich fragte mich: «Was ist meine Urrolle, meine Lebensaufgabe?» Dann stellte ich mir die Frage: «Wer bin ich, was habe ich für Begabungen?» Also überlegte ich mir, wie ich meine Businesskenntnisse und die Freude am Theaterspiel vereinen könnte. Als einer der ersten Unternehmenstheater-Profis kam ich 1988 auf die Idee, in verschiedensten Firmen mit Humor, Theater und Business-Know-how die «Knoten» aufzuzeigen.
 
Was sind das für «Knoten»?
Das können ganz verschiedene Probleme sein. Ich habe mir die zehn wichtigsten einmal aufgelistet. Es sind: 
• Visionsdefizit
• Umsetzungsdefizit
• Perfektionskultur (ja keine Risiken eingehen)
• Friede, Freude, Eierkuchen (keine Bereitschaft, Konflikte zu diskutieren)
• Einem Kreativen stehen neun Controller gegenüber
• Fehlende Reflexion
• Eher Gruppe als Team, also fehlende Selbstorganisation
• Kreativität als Störfaktor
• Fehlendes Virus der Leidenschaft
• Fehlende Resonanz und Kritik, also keine Feedback-Kultur
 
Wie gehen Sie bei der Problemlösung vor?
Ich lasse im betreffenden Betrieb einige Fragebogen austeilen, die die am Workshop Beteiligten ausfüllen. Anhand der Antworten erhalte ich einen Eindruck vom Betriebsklima und von den Problemen oder Bedürfnissen der Mitarbeitenden. Nun lege ich – auch unter Einbezug des Auftraggebers – die entsprechende Spielvariante zurecht. Auch kommt es vor, dass ich an Tagungen anwesend bin und das Geschehene danach frei interpretiert nachspiele. Damit kann ich den Teilnehmern einen Spiegel ihres Verhaltens vorhalten.
 
Und das funktioniert?
Ja, in den allermeisten Fällen. Durch das Spiel und den Humor spreche ich bei den Betroffenen mehrere Ebenen an. So wird auch das Unbewusste animiert, und Tabus werden respektvoll «gehoben».
 
Wie sind Ihre Kunden zu Beginn Ihres Auftritts eingestellt – und wie am Schluss?
Am Anfang sind sie hilfsbereit, aufmerksam und wohlwollend. Danach sind sie dankbar, manchmal üben sie konstruktiv Kritik, und fast immer sind sie von der Wirkung überzeugt.
 
Wie stellen Sie die Nachhaltigkeit Ihres Unternehmenstheaters sicher?
Für nachhaltige Lösungen bin ich nur zum Teil verantwortlich. Das liegt auch an den Betroffenen selbst. Was ich jedoch anbiete, ist ein Schlussbericht mit Lösungsansätzen und -anleitungen. Daran kann sich der Betrieb oder die Abteilung einer Firma halten. Vielen Firmen ist dieser Mehraufwand finanziell etwas wert.
 
Wie viel lassen Sie sich diesen Bericht denn kosten?
Im Schnitt kostet dieser Schlussbericht, ich nenne ihn Review, etwa 6000 Franken. Es steckt aber viel Arbeit und Know-how dahinter. Der Bericht beinhaltet eine Analyse zum Betriebsklima und zu den unternehmerischen Schwächen und Stärken. Auf fünf bis zehn Seiten schreibe ich aus der Aussenperspektive detailliert über den Ist- und den Sollzustand des Betriebs.
 
Klopfen Sie bei Firmen an die Tür oder werden Sie gerufen?
Mittlerweile habe ich im deutschen Sprachraum einen Namen. Ich habe ein Netzwerk von Berufskollegen und kann mich auch professionell verkaufen. Deshalb kommen die Firmen meistens auf mich zu.
 
Was sind das für Unternehmen?
Eigentlich aus allen Branchen. Weniger bis selten erhalte ich Aufträge aus den Branchen Medizin/Gesundheit, Chemie und Bankwesen.
 
Wie hat sich die Nachfrage nach Unternehmenstheater innerhalb der letzten zehn Jahre verändert?
Früher ging man Probleme und Herausforderungen noch mit traditionellen Methoden an; mit Vorträgen, PowerPoint-Präsentationen und kognitiven Übungen. Heutzutage wird mit Spiel, Theater und Humor gezielt auch die unbewusste Ebene der Teilnehmenden angesprochen. Diese neuen, ergänzenden Methoden sind nachweislich effizient. Das ist auch nötig, da heute der Druck auf Unternehmen und Menschen zugenommen hat.
 
Neue Methoden werden also immer wichtiger?
Ja, ohne Zweifel. Nicht zuletzt deshalb biete ich neben dem Unternehmenstheater auch eine Ausbildung zum «Manager of Businessent Ertainment» an. Das Ziel ist, den Humor als Führungskompetenz und als neues Werkzeug für Trainerinnen und Trainer, leitende Angestellte und Chefs einzuführen.
 
Wie sieht das in der Praxis aus? Erzählt der Chef an Sitzungen dauernd Witze?
Oh Gott, nein. Stellen Sie sich ein Mitarbeitergespräch zwischen Chef und einem Angestellten vor. Um ein möglichst konstruktives und positives Gespräch zu ermöglichen, muss sich der Chef auf die Ebene des Mitarbeiters begeben. Das heisst, er muss die Hierarchie abbauen. Das fängt schon bei der Haltung des Chefs an. Wie sitzt er da? Verschränkt er gar die Arme? Mit einem 
Zitat oder einer Geschichte, die zum Thema passt, kann das Gespräch begonnen werden. Der Humor ist nicht nur zum Enteisen da, er kann auch Perspektivenwechsel ermöglichen. Ich sage deshalb immer: Humor ist ein exzellentes Beziehungsschmiermittel, ein Perspektivenwechsler und ein Entstresser.
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