«der arbeitsmarkt» 12/2014TEXT: paola pittonFOTO: Stefan Zürrer
Glaubensarbeit

In Gottes Namen

Die religiöse Landschaft der Schweiz hat sich in den letzten vier Jahrzehnten verändert. So kamen mit den Migranten neue Religionen, und die Zahl der Konfessionslosen stieg von 1 auf über 20 Prozent. Demgegenüber haben die Landeskirchen nicht nur Mitglieder verloren – waren 1970 noch 95 Prozent der Bevölkerung katholisch oder reformiert, sank ihre Zahl gemäss Bundesamt für Statistik auf 65 Prozent im Jahr 2012. Zudem haben heute zwei Drittel der Christen ein distanziertes Verhältnis zur Kirche: Sie bezahlen Kirchensteuer, gehen aber kaum hin. Anders die Freikirchen. Diese erlebten wachsenden Zulauf, und für ihre Mitglieder sind Glaube und der Besuch von Gottesdiensten wichtig. Das zeigt eine aktuelle Nationalfondsstudie.

Im Umfeld von Glaube und Religion üben zahlreiche Personen vielfältige Berufe aus – die Päpstliche Schweizergarde ist wohl das spektakulärste Beispiel. Auf den nächsten Seiten stellen wir weniger bekannte Tätigkeiten und Arbeitnehmende vor. Sie kommen aus dem Umkreis der Freikirchen (5,7 Prozent Konfessionszugehörige), der jüdischen (0,3 Prozent) und der islamischen Glaubensgemeinschaften (4,9 Prozent). In der Weihnachtszeit fallen sie mit ihren Uniformen und ihrem gitarrenbegleiteten Gesang in der Fussgängerzone auf. Das ganze Jahr über, einmal die Woche nachts, sind zwei Frauen für die Heilsarmee im Zürcher Rotlichtmilieu unterwegs. Sie gehen zu den Tänzerinnen und Prostituierten, sie bieten ihnen heisse Suppe sowie einen geheizten Treffpunkt an und nur auf Wunsch Bibelworte. Der Glaube regelt den privaten wie den geschäftlichen Tagesablauf eines jüdisch-orthodoxen Kaufmanns und Geschäftsinhabers. Nur begleitet von einem Aufseher, der die Einhaltung der jüdischen Speisegesetze kontrolliert, darf er seinen «erlaubten» Käse und seine koschere Schokolade herstellen lassen. Nicht weniger akribisch wacht ein islamischer Rechtsgelehrter darüber, ob der Vorschlag für ein bestimmtes Bankgeschäft mit dem Islam kompatibel ist, dass also zum Beispiel nicht spekuliert wird. Der Banker mit syrisch-deutschen Wurzeln, der seine Kunden in der Schweiz berät, baute das islamische Banking zuvor bei UBS und Credit Suisse mit auf. Sein Geld legt er nicht nur nach diesem Finanzsystem an.

Einen neuen Weg zu einem etablierten Beruf gehen die evangelisch-reformierten Landeskirchen. Obwohl sich ihr Anteil seit 1970 auf 27 Prozent fast halbiert hat, rechnen die Reformierten damit, dass ihnen in wenigen Jahren die Pfarrpersonen fehlen werden. Abhilfe schaffen soll ein mit der Theologischen Fakultät der Universität Bern durchgeführtes, einmaliges Quereinsteigerstudium für Akademiker.