«der arbeitsmarkt» 04/2015TEXT: Daniela PalumboFOTO: Simone Gloor
Teure Lieblinge

Fokus Heimtiermarkt

Die beiden Scottish Terriers wuseln auf ihren kurzen Beinen täglich auf dem Kiesweg an der Limmat. Frauchen und Herrchen sind meist nicht unweit auf der Zürcher Hauptverkehrsachse für Hundebesitzer. Ebenso untersetzt und mit dichten Haaren, sind sie als Besitzer leicht auszumachen. Auch der muskulöse Dobermann passt an die Seite seines kahl rasierten, dunkel gekleideten Halters, und die in Falten gelegte Englische Bulldogge schaut genauso grimmig drein wie ihre Besitzerin. Dass Menschen einen Hund kaufen, der ihnen ähnelt, ist offensichtlich. Die Ähnlichkeit liege in den Augen, zu diesem Schluss kam kürzlich ein japanischer Psychologe; amerikanische Kollegen dagegen vermuten, dass Hundebesitzer einen Vierbeiner suchen, der stimmig zu ihrem Wesen sei.

Die Beziehung zwischen Haustieren und ihren Haltern ist unterschiedlich ausgeprägt, je nach Bedürfnis, das die Tiere befriedigen: Sie können Statussymbol, Sammlerstück, Spielzeug, Sozialpartner sein. Für ihren Liebling greifen die Tierhalter tief in die Tasche. Im Jahr 2013 gaben Schweizer über 600 Millionen Franken für den Bedarf von insgesamt 2,9 Millionen Heimtieren aus. Die Nahrungsmittelbranche liefert Katzenfutter in Mäuschenform, Spezialfutter für Allergiker, einige Besitzer verfüttern Vegetarisches oder Veganes in Bioqualität. Die Gesundheit kennt ebenfalls keine monetären Grenzen. Statt den Patienten einzuschläfern, operieren Tierärzte Tumore bei Vögeln, amputieren Reptilienschwänze und verordnen dem Pferd bei Schmerzen nicht etwa Kortison, sondern vier Wochen Physiotherapie. Auch die Hundekleiderbranche bietet Trendiges. Die Vierbeiner werden in Unterhöschen, Cashmere-Kapuzenpullover und Daunenjacken im Wert von bis zu 200 Franken gezwängt. Einige zerren ihre Lieblinge sogar im Hochzeitskleid und Frack mit an die Traufeier oder Extravagante selbst vor den Altar. Die teuerste Hundehochzeit zwischen einem Pudel und einem Coton de Tuléar kostete 250 000 Dollar.

Ist das noch gut für das Tier? Manchmal schadet Tierliebe. Wenn sie ins Extreme abgleitet. Wenn Hunde, Katzen, Vögel, Fische, Kleinsäuger und Reptilien als Ersatz für menschliche Beziehungen herhalten müssen und die Besitzer sie verwöhnen, quälen und instrumentalisieren. Denn auch Tiere haben eine Würde. In der Schweiz ist sie sogar in der Verfassung verankert.

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