12.08.2015
FOTO UND TEXT: Robert Altermatt

Remy Benz auf seinem Hof in Reigoldswil (BL).

Mein Tag als

Demeter-Bauer

Remy Benz bewirtschaftet in der Gemeinde Reigoldswil im Kanton Baselland einen kleinen Bauernhof nach Demeter-Richtlinien. Bauer zu sein, ist für ihn ein Traumberuf.

«Wie früh ich jeweils aus den Federn krieche, ist saisonal bedingt sehr unterschiedlich. Wenn ich in den Sommermonaten auf meinem Demeter-Bauernhof in der Baselbieter Gemeinde Reigoldswil die hügeligen Wiesen mähe und das Heu einsammle, starte ich früher in den Tag als beispielsweise im Winter.

Bevor ich morgens mit meinen Händen irgendetwas anpacke, muss zuerst ein kräftiger Kaffee her. Ohne dieses Morgenritual läuft bei mir wenig bis nichts. Danach gehe ich hinaus zu den Tieren. Ich füttere die 16 Kühe, lasse sie aus dem Stall, melke die zehn Schafe und treibe sie in die Natur. Des Weiteren kümmere ich mich um unsere Kleintiere wie Gänse oder Hühner – diese versorge ich mit Nahrung und miste deren Ställe aus.

Auf dem Demeter-Hof «Bütschen» leben momentan rund zehn Schafe.

Zur Mittagszeit ruht die Arbeit. Zu diesem Tageszeitpunkt nehme ich zusammen mit meiner Partnerin Helen und meiner Tochter Johanna das Mittagessen ein. Danach lege ich mich meistens für einen zwanzigminütigen Mittagsschlaf aufs Ohr.

«So wie die Natur den Tagesrhythmus bestimmt, folge ich als Bauer der Welten Lauf.»

Meine Arbeit ist extrem vielfältig, nicht zuletzt auch der vier Jahreszeiten wegen. So wie die Natur den Tagesrhythmus bestimmt, folge ich als Bauer der Welten Lauf. Während im Winter die Tiere im Stall sind, repariere ich draussen Weidezäune und landwirtschaftliche Maschinen, schneide Obstbäume zurück, brenne Schnaps oder erledige Holzarbeiten im Wald. Im Frühling bringe ich Saatgut aus oder pflanze Gemüse an. Ab Juni widme ich mich dem Heuen.

Im Spätsommer setzt die grosse Erntezeit ein, bevor dann im Herbst bereits wieder erste Vorbereitungstätigkeiten für die kalte Jahreszeit wie das Einsammeln und die Lagerung von Stroh und Holz oder das abschliessende Emden der Wiesen anstehen. Als ausgesprochener Naturmensch mit einem grossen Bewegungsdrang kann ich hierbei meine Passion voll und ganz ausleben.

Remy Benz

Der in Basel geborene Remy Benz, 48, absolvierte nach der Matur zuerst eine Landwirtschaftslehre auf einem biologischen Bauernhof in Allschwil. Im Anschluss daran studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich Agronomie. Remy Benz lebt mit seiner Partnerin und der gemeinsamen, siebenjährigen Tochter in der Nähe von Reigoldswil, wo er seit 13 Jahren einen Bauernhof bewirtschaftet.

Als Bauer eines Demeter-Landwirtschaftsbetriebs orientiere ich mich am Demeter-Standard. Im Vergleich mit dem Bio-Knospe-Label gehen die Demeter-Bestimmungen eine Stufe weiter. Die Richtlinien, beispielsweise was den Futtermittelzukauf, die Wahl der Setzlinge oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln betrifft, sind sehr streng geregelt. Wer einen Demeter-Betrieb führt, darf beispielsweise kein konventionelles Futter zukaufen, sondern muss zwingend einen gewissen Anteil an Bio-Futter verwenden.

Demeter-Bauer bin ich geworden, weil ich ursprünglich meine Landwirtschaftslehre auf einem Bio-Knospe-Bauernhof absolviert und danach auf vielen Bio-Betrieben gearbeitet habe. Zudem führten bereits unsere Vorgänger diesen Bauernhof nach Demeter-Richtlinien. Aus Respekt vor ihrer Arbeit haben wir – meine Frau und ich bewirtschaften den Hof mittlerweile seit 13 Jahren – uns dafür entschieden, den Hof so weiterzuführen, wie ihn unsere Vorgänger damals anvertraut hatten.

Remy Benz reibt seine Käselaibe täglich mit Salzwasser ein.

Auf unserem kleinen Bauernbetrieb bauen wir Spargeln und Kürbisse an, und wir produzieren Kiwis, Heidelbeeren und Trauben. Auf unserem Land kultivieren wir auch einheimische Obstsorten wie Äpfel, Birnen, Quitten oder Zwetschgen. Von unseren Kühen stellen wir Fleisch her, und die Schafe liefern uns Milch, aus der wir Käse fertigen. Zu guter Letzt fabrizieren wir Honig vom eigenen Bienenstock, machen Apfelsaft und brennen eigenen Schnaps. Unsere Produkte verkaufen wir unter anderem an Privatpersonen, an zwei Bio-Läden sowie an ein Restaurant.

Den Lebensunterhalt verdienen wir primär mit unserer bäuerlichen Arbeit. Unsere Einkünfte fussen auf verschiedenen Säulen. Neben Direktzahlungen und Ökobeiträgen von Bund und Kanton generieren wir Erträge aus einer Wohnung hier auf dem Hof, die wir an Drittpersonen vermieten. Zudem schickt uns der Kanton Baselland seit vielen Jahren regelmässig Schulklassen auf unseren Betrieb zu Besuch, was uns ein paar zusätzliche Tantiemen einbringt.

«Als Bauer fühle ich mich unabhängig.»

Ich liebe meinen Beruf heiss und innig. Als Bauer fühle ich mich unabhängig, grosso modo kann ich tun und lassen, was ich will. Ebenso fasziniert mich die enorme Vielfalt, die diese Tätigkeit mit sich bringt. Besonders gefällt mir das breite und interessante Spektrum, das diesen Berufsstand auszeichnet. Ich habe ständig mit Menschen, Tieren, Pflanzen, aber auch mit Maschinen zu tun.

Obstbäume auf dem Demeter-Bauernhof mit Ausblick auf den Baselbieter Jura.

Meine liebste Tätigkeit als Bauer ist derzeit das Herstellen von Käse. Der Umgang mit diesem Lebensmittel einschliesslich der damit verbundenen Arbeitsprozesse bereitet mir grossen Spass. Am wenigsten sagt mir die Buchhaltung zu, das langweilt mich.

«Ich liebe meinen Beruf heiss und innig.»

Nach der täglichen Feld- und Hofarbeit bildet das Abendessen mit der Familie einen festen Bestandteil meines Alltags. Anschliessend erledige ich noch Büroarbeiten, bastle an irgendetwas herum oder greife zum Telefonhörer. Bevor ich zu Bett gehe, was im Normalfall so zwischen 22 und 23 Uhr der Fall ist, schlage ich meistens noch ein Buch auf. Als Leseratte lese ich viel und gerne. Zurzeit liegt als Lektüre Kamasutra für Bauern und Gärtner auf meinem Nachttisch.»