03.11.2015
FOTOS UND TEXT: Fredy Stäheli

Manuel Schroth ist Bergführer und fast immer mit Gruppen unterwegs.

Mein Tag als

Bergführer

Manuel Schroth, 53, ist als Bergführer auf Angebote für Gruppen spezialisiert. Doch er ist nicht stets am Berg. Genauso notwendig sind zahlreiche Arbeiten in seiner Werkstatt.

«Als Bergführer bin ich mich gewohnt, früh aufzustehen. Jetzt, in der Zwischensaison, bin ich um sieben Uhr meist im Büro in meinem Haus in Wädenswil. Touren und Klettertage biete ich nur am Wochenende an. Diesmal ist ein Kletterwochenende im Tessin vorgesehen. Verbindlich angemeldet haben sich neun Leute. Für mich bedeutet das, dass ich an diesen beiden Tagen mit einem zweiten Bergführer unterwegs sein werde. Denn mir ist die optimale Betreuung der Teilnehmer wichtig. Bis zu einer Gruppengrösse von sieben Leuten kann ich die Gruppe selber betreuen und instruieren.

Da es morgens früh losgeht, muss ich einen Blick auf die Wetterentwicklung werfen. Im Internet verfolge ich Satellitenkarte, Isobarenkarte sowie die Windkarte und mache dann meine eigene Analyse. Ein ganz entscheidender Faktor ist der Wind. Er ist vor allem dafür verantwortlich, wie die Wetterverhältnisse an einem bestimmten Ort sind. Da wir klettern wollen, muss es trocken sein. Den Entscheid, wo wir klettern, ob das in Airolo oder im Maggiatal ist, fälle ich erst am Tag selbst. Spätestens dann, wenn wir aus der Gotthardröhre hinauskommen.

Wenn ich eine Ausschreibung mache, achte ich darauf, zu welchen Preisen meine Mitbewerber ihre Touren offerieren. Hier treffe ich unternehmerische Entscheide. Momentan sinken für Schweizer Touren die Preise. Da muss ich mir überlegen, wie weit ich da wetteifern will. Es macht für mich keinen Sinn, beim Kampf um den tiefstmöglichen Preis mitzubieten. Ich bin überzeugt, dass bei mir die Qualität der Dienstleistung stimmt.

Die Idee, Bergführer zu werden, ist während meiner Dienstzeit im Militär entstanden. Gebirgsgrenadiere sind meist mit Bergführern unterwegs. Als Wachtmeister war ich häufig Stellvertreter des Zugführers und hatte so die Aufgabe, zusammen mit dem Bergführer Touren zu rekognoszieren oder die Schneeverhältnisse zu beurteilen. Da merkte ich, dass ich vieles, was der Bergführer können muss, ebenfalls kann. Vorher arbeitete ich als Werkstattchef im Unterhalt von Grossfahrzeugen und war für eine Gruppe von acht Mitarbeitern verantwortlich. Doch die Chance, mich als Bergführer selbständig zu machen, reizte mich.

Beim Beruf des Bergführers denken viele vor allem an sportliche Topleistung. Doch ein hohes Mass an Sozialkompetenz ist genauso wichtig. Auch mit einem Gast, der sich ausgesprochen ungeschickt anstellt, muss ich klarkommen. Für die Gäste habe ich da zu sein, und dazu gehört es auch, dass ich mich für sie interessiere.

Was mir an meinem Beruf am meisten Freude macht, hat sich im Lauf der Jahre verändert. Am Anfang war es die Herausforderung, mit dem Gast den Gipfel zu erreichen. Ist das Tempo nicht zu schnell? Schaffen wir es, rechtzeitig auf dem Gipfel zu sein, um noch bei guten Verhältnissen absteigen zu können? Das habe ich mich damals oft gefragt. Heute hingegen verspüre ich ein angenehmes Kribbeln, wenn es mir gelingt, dass ein Gast seine Angst überwindet und ein Ziel erreicht, das er sich nicht zugetraut hat.»

In seiner Werkstatt präpariert der Bergführer die Skier für die Tourensaison.