Der gelernte Konditor-Confiseur produziert Brote und Gebäck, die über Mellingen hinaus beliebt sind.
Ein Bäcker mit Leib und Seele
Es ist 3.30 Uhr im Aargauer Städtchen Mellingen. Um diese frühe Uhrzeit träumen die meisten von uns noch unter der Bettdecke. Einer, der nicht mehr träumt, sondern mit beiden Beinen und wachem Geist in seiner Backstube steht, ist Adrian Häntze.
Der Bäckermeister zaubert seit über 20 Jahren mit seinem Team leckere Backwaren aus dem Ofen. «Meine Arbeit ist mein Hobby», sagt Adrian Häntze breit lachend. Seine Leidenschaft für seinen Beruf ist spürbar und seine ehrliche Freude an der Sache ansteckend. Die kleine Bäckerei – direkt am Zentrumskreisel gelegen – punktet mit einer abwechslungsreichen und qualitativ hervorragenden Brot- und Gebäckauswahl. Die Qualität seiner Ware spricht sich weit herum, auch ohne eigenen Webauftritt und ohne Facebook-Seite. Er hat keine virtuellen Follower, sondern echte Kunden, die ihm sonntags oft den Laden einrennen. Sein Motto «Einfach und gut» bewährt sich.
Immerhin hat der Frühaufsteher einen kurzen Arbeitsweg. Zusammen mit seiner Frau wohnt Häntze in derselben Liegenschaft, wo sich sein Betrieb – Backstube, Verkaufslokal und ein Café – befindet. In der Backstube wird er sofort produktiv. Der Ofen ist schon eingeheizt. «Arbeitsbeginn ist gleich Backbeginn», unterstreicht er. «Wir arbeiten zeitversetzt und produzieren voraus.» Das Backen der Brotsorten dulde keinen Aufschub, denn ab 6 Uhr ist der Laden geöffnet, und die ersten Kunden wollen ihr «Zmorgegipfeli» kaufen. Sobald die ersten Brote im dreistöckigen Ofen ihrer Bestimmung entgegenbacken, gesellt sich Rita* hinzu. Die ausgebildete Bäckerin-Konditorin unterstützt ihn seit Beginn. Ohne sie würde der Betrieb nicht funktionieren, betont er. Sein Team umfasst mit dem Verkaufspersonal neun Mitarbeitende, allesamt Frauen, die ihn seit Jahren begleiten. Die Bäckerei ist der Inbegriff eines traditionellen Handwerksbetriebs.
Ein Team - eine Mission
Es wird hektisch in der kleinen Backstube. Mittlerweile sind Karin* und Brigitte* hinzugekommen. Zu viert flechten acht flinke Hände Zöpfli auf einem Tisch. Jeder Handgriff sitzt. Der Chef orchestriert. «In einem kleinen Team ist der richtige Mix sehr wichtig, vor allem, weil wir auf kleinem Raum eng zusammenarbeiten. Jede Mitarbeiterin weiss, was sie zu tun hat, aber wir helfen einander auch aus, wenn es hektisch wird.»
Weitere Teiglinge formen sich zu ovalen Brötchen, diese werden danach im Kühlraum zwischengelagert, bevor sie am anderen Morgen im Ofenschacht verschwinden und im Verkaufsregal landen. Weiter gilt es, frische Birchermüesli, Sandwichs, Patisserie und Torten herzustellen. (Anm. der Journalistin: Die Schwarzwäldertorte ist himmlisch.) Tagtäglich die richtige Menge verschiedener Produkte für den Verkauf herzustellen, ist keine leichte Aufgabe. Das Kaufverhalten der Kunden sei schwer voraussehbar. «Die Jahreszeit, das Wetter und der Zahltag beeinflussen die Verkäufe.» Wie viele Produkte er täglich herstellt, weiss der Bäckermeister nicht genau, aber er weiss, was sich am besten verkauft: «Schoggigipfel» und knusprige Kleinbrote. Er fokussiere sich seit längerem auf eine umfangreiche Brotauswahl und habe deswegen die Auswahl an Confiserieprodukten verkleinert. Die Kunden seien linienbewusster geworden, und zudem sei das Herstellen zeitaufwendig. Ob er seine eigenen Erzeugnisse auch esse. «Ja, natürlich. Ein Tag ohne Schokolade ist ein verlorener Tag!» Sagt’s und beisst genussvoll in ein Hasenohrläppchen. Kleine Rituale gehören eben zum Leben. Jetzt verstehe ich auch, warum Häntze so viel gute Laune verbreitet.
Am dritten Tag sollst du ruhn
In der Backstube herrscht wochentags bis etwa 10 Uhr Hochbetrieb, danach wird es ruhiger, und um 12 Uhr ist für sein Backteam Feierabend. Am Nachmittag sind das Verkaufslokal und das Café wieder geöffnet, wo die Anwesenheit des Chefs dank kompetentem Verkaufspersonal nicht zwingend nötig ist. Jetzt kann er ausruhen, die Füsse hochlagern oder auch Einkäufe, Behördengänge und Reparaturen tätigen. Seine Frau organisiert die Büroarbeiten, und am Mittwoch ist für beide Sonntag. Im April sind Betriebsferien geplant, alle freuen sich darauf.
Am Wochenende läuft der Betrieb nochmals auf Hochtouren. Adrian Häntze bäckt ab Mitternacht des Schweizers liebstes Sonntagsbrot: Zöpfe in jeder Grösse – von XS bis XXL. «Es gibt mir ein gutes Gefühl, dass ich Menschen mit meinen Produkten Freude bereiten kann, und wenn sie wiederkommen, weiss ich, dass ich es gut gemacht habe.»
Am Schluss möchte ich doch wissen, warum er keine eigene Firmenwebseite betreibt, wo er doch so viele Likes haben könnte. Die Bäckerei sei verkehrstechnisch ideal gelegen. Jeden Tag querten unzählig viele Autos und Lastwagen den Kreisel, und noch immer funktioniere die altbewährte Mundpropaganda. Der Erfolg der Bäckerei wird vom ganzen Team tagtäglich hart erarbeitet. Bäckermeister Adrian Häntze bleibt bescheiden und ist glücklich mit seinem Leben.
*Namen von der Redaktion geändert.