09.11.2016
FOTOS UND TEXT: Melanie Haas

In ihrem Studio tüftelt Carla Kiefer an neuen Ideen für Foodstylings.

Genuss in Bildern

Verführerisch angerichtete Köstlichkeiten

Carla Kiefers Food-Arrangements sind ein Augenschmaus. Zusammen mit ihrem Mann, dem Fotografen Oliver Bartenschlager, betreibt die Foodstylistin ein Studio in Schlieren und setzt Rüebli, Steak und Co. gekonnt in Szene.

Mit viel Hingabe steht Carla Kiefer am Herd und schneidet einen Kürbis in grobe Stücke, die dann mit einer zerkleinerten Birne im Topf landen. Dazu giesst sie schwungvoll vegane Mandelmilch und püriert alles sorgfältig zu einer sämigen Suppe, die sie mit frischen Kräutern und Gewürzen abschmeckt. «Andere Betrachter inspirieren, ihnen Lust machen, sich mit Essen auseinanderzusetzen – das ist mein Anspruch an mich selbst.» Sie kocht nicht nach Rezept, sondern kombiniert die Zutaten nach ihrem sogenannten «inneren Geschmacksfächer».

Anschliessend füllt sie die fertige Suppe in zwei blau verzierte Porzellanschalen und träufelt mit einem Löffel Kürbiskernöl darüber. Zum Schluss arrangiert sie die Suppentassen mit Kräutern sowie einer Physalis auf einem weiss lackierten Holztisch, neben einem riesigen Kürbis. Ihre Arbeit in ihrem Studio KiBa ist getan.

Die Foodstylistin Carla Kiefer ist leidenschaftliche Hobbyköchin, experimentiert mit Zutaten und erfindet neue Gerichte. Neben Geschmack und Zutatenkomposition legt sie besonderen Wert darauf, wie die Farben zueinander passen und wie sie alles schön anrichten kann: «Bei mir geht kein Teller ‹raus›, der mir nicht gefällt.»

Für gewisse Arrangements schwingt die Foodstylistin selbst den Kochlöffel.

Eigentlich hat sie Marketing studiert und war lange Zeit als Ausstatterin und Produktionsleiterin am Theater tätig. Foodstylistin wurde sie eher zufällig, denn eine Ausbildung gibt es dafür nicht. Begeistert von ihren Kochkünsten, machte ihr Mann ihr den Vorschlag, sich in diesem Beruf auszuprobieren.

Sie fand so viel Gefallen daran, dass sie sich vor etwa dreieinhalb Jahren selbständig machte. Mit einem Portfolio versuchte Carla Kiefer, ihre Arbeit Agenturen und Redaktionen schmackhaft zu machen. Die Schwierigkeit dabei war, mit den Fotos ihren eigenen Stil zu präsentieren, aber auch den Zeitgeist zu treffen – diesen einen Look, der gerade angesagt ist und den alle sehen wollen. «Wenn du das nicht zeigst, gehen sie nicht davon aus, dass du es kannst.» Doch der langwierige Prozess zahlte sich am Ende aus. Seit ungefähr einem Jahr wird Carla Kiefer vermehrt direkt von Auftraggebern gefunden, ohne viel Werbung zu machen.

Auftragsarbeit versus Kreativität

Die Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Ihre Stylings erscheinen nicht nur in Zeitschriften wie dem «Migros-Magazin», sondern auch auf Verpackungen oder zum Beispiel auf den Menükarten der Klinik Hirslanden. Ihre Kunden haben oft konkrete Vorstellungen und legen Untergründe, Geschirr, Perspektive oder Lichtstimmung fest.

Bei ihren Motiven lässt sie sich von der Umwelt inspirieren und recherchiert im Internet, welche Bilder es zu einem bestimmten Sujet schon gibt. In ihrem Fundus hat sie Geschirr und Zubehör en masse, um Fotos in jeglichen Stilen zu produzieren. Um zu testen, welches Arrangement am besten aussieht, baut sie die Bilder teilweise mit echten Zutaten grob vor, lichtet diese ab und optimiert das Foodstyling dann mit ihrem Mann, dem Fotografen.

Die meisten Aufträge bearbeiten die beiden im Studio, andere direkt bei den Kunden. Lebensmittel bekommt Carla Kiefer entweder geliefert, oder sie sind schon vor Ort. Manchmal ist bei den Shootings ein Koch dabei, andernfalls kocht sie auch mal selbst.

Wenn sie nicht für Kunden arbeitet, lässt sie ihrer Kreativität freien Lauf und arrangiert Obst, Gemüse oder Fleisch für ihre Website und ihr Portfolio. Am liebsten sind ihr die Arbeiten, bei denen sie neben den Lebensmitteln auch die Menschen dahinter in Szene setzt. «Das eröffnet mir Einblicke in fremde Welten und macht meinen Job unglaublich spannend.» Zum Beispiel inszenierte sie zusammen mit ihrem Mann für das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» eine Bildstrecke über vier Trockenfleischproduzenten aus der ganzen Schweiz.

Natürlichkeit im Fokus

Die Lebensmittel setzt sie so natürlich wie möglich in Szene. Im Gegensatz zu früher muss nicht mehr alles super sauber und perfekt sein – der unperfekte Look liegt im Trend. Das Wichtigste ist, dass Salat, Käse, Obst, Gemüse auf den Bildern frisch aussehen, auch wenn das Foto erst nach mehreren Stunden im Kasten ist. Dazu bepinselt Carla Kiefer die Nahrungsmittel zwischendurch mit Wasser, Zitronensaft oder Öl. Sie trickst – im Vergleich zu etlichen anderen der Branche – gar nicht so viel. Entscheidend für gluschtige Fotos sind vor allem der Untergrund, das Licht oder die Perspektive, aus der fotografiert wird. Digitale Bildbearbeitung verleiht den Fotos dann den letzten Schliff.

Einiges ist schwierig zu stylen, wie zum Beispiel Eis, Schokolade oder Milch. Bei Eis behilft sich Carla Kiefer teilweise mit Fondant, das sie kunstvoll zu Eiskugeln formt. Echtes Eis würde nicht lange halten und schmelzen, bis es fotografiert ist.

Schokolade hat häufig Kratzer und wirkt auf Fotos matt. Auch die Nachbearbeitung dieser Bilder ist schwierig. Deshalb war zum Beispiel das Cailler-Shooting eines der bisher anspruchsvollsten. Kleine Schokoperlen polierte sie bei sommerlichen Temperaturen immer wieder mit einem Seidentuch, damit sie wirklich perfekt aussahen. Für Schokolade und Eis behelfen sich Kunden teilweise mit Spezialisten, die sie extra für diese Jobs einfliegen.

Milch sieht auf Fotos dünnflüssig aus, und ein Müesli, das in einer Milchschale schwimmt, saugt sich voll und taucht schnell unter. Deshalb hilft sie hier häufig mit Quark oder Ähnlichem nach, um der Milch mehr Stabilität und Textur zu verleihen. In früheren Zeiten ersetzten Foodstylisten die Milch durch Wandfarbe oder Holzleim. Der Einsatz künstlicher Hilfsmittel, wie beispielsweise Haarspray, ist aber mittlerweile Geschichte. Die Natürlichkeit steht im Vordergrund.

Mit ihren Stylings will Carla Kiefer andere Menschen inspirieren, mal etwas anderes zu kochen und aus den Standards auszubrechen. «Das höchste der Gefühle ist natürlich, Emotionen zu wecken, schöne Erinnerungen und Glücksgefühle hervorzurufen.»

Durch ihre Arbeit lernt sie immer mehr über Lebensmittel und ist deshalb noch anspruchsvoller geworden, als sie es schon war. Mittlerweile lebt sie vegan und macht sich mehr Gedanken darüber, wie Lebensmittelverschwendung vermieden werden kann.

Das verwendete Essen landet bei ihr nicht im Müll, sondern wird verarbeitet. Alles, was sie nicht verkochen kann, verschenkt sie an Freunde, ans Brockenhaus direkt unter ihrem Studio oder an die Gassenküche. Durch ihre Arbeit ist ihr einmal mehr bewusst geworden, dass wir nicht so verschwenderisch mit Lebensmitteln umgehen sollten.

Ausgewählte Zutaten verarbeitet die Foodstylistin zu leckeren Gerichten. Eine herbstliche Kürbissuppe verfeinert sie mit Birnenstückchen. In ihrer Küche experimentiert sie mit Zutaten und Geschmäcken. Im Studio entstehen ihre fantasievollen Arrangements. Für ihre Kreationen wählt sie aus ihrem Fundus passendes Geschirr, Zubehör und passende Untergründe. Sie richtet die Suppe in blau verziertem Porzellan an. Da die Suppe so noch etwas langweilig aussieht, ... ... verziert sie diese mit Kürbiskernöl und Kräutern.
Bei ihren Food-Arrangements lässt Carla Kiefer ihrer Kreativität freien Lauf.