22.03.2018
TEXT: Jeannine HegelbachFOTOS: zVg. Filmcoopi Zürich

Die 14-jährige Sophie träumt von einer Beziehung mit dem Musiker Baz.

Naive Liebe

Teenager verlieben sich immer in den Falschen

Für die schweizerisch-kanadische Regisseurin Léa Pool sind die Themen des Erwachsenwerdens und die weibliche Identität in ihrer künstlerischen Arbeit zentral. Mit diesen setzt sie sich auch im Drama «Et au pire on se mariera» auseinander.

Im Coming-of-Age-Drama «Et au pire on se mariera» tauchen wir in die Welt der 14-jährigen Aïcha ein. Das Mädchen verbringt seine Freizeit nicht wie andere Teenager mit Gleichaltrigen. Lieber fährt sie alleine Rollschuh mit Musik im Ohr oder besucht die Transvestiten und Prostituierten des Viertels.

Ihre Mutter arbeitet ständig. Dafür wird Aïcha von ihrem algerischen Stiefvater vergöttert. Als ihre Mutter diesen und somit Aïchas einzige Bezugsperson vor die Tür setzt, verliert Aïcha jeglichen Halt.

Ziellos lungert sie im Quartier herum und versucht, sich die Zeit zu vertreiben, bis sie eines Tages auf den Musiker Baz trifft. Nachdem dieser ihr die dringend nötige Aufmerksamkeit geschenkt und sie vor einem Übergriff gerettet hat, fixiert Aïcha ihr komplettes Tun auf den doppelt so alten Mann.

Endlich hat ihr Leben wieder Sophie Nélisse als Aïsha in «Et au pire on se mariera»ein Ziel – das Herz von Baz für sich zu gewinnen. Unbeholfen sucht sie seine Nähe und drängt sich immer mehr in sein Leben. Als dieser jedoch erkennt, dass Aïcha nicht nur Freundschaft, sondern mehr für ihn empfindet, hat Baz Aïcha bereits viel zu sehr in sein Leben gelassen. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf – mit dramatischen Folgen.

Für die schweizerisch-kanadische Regisseurin Léa Pool sind die Themen des Erwachsenwerdens und die weibliche Identität in ihrer künstlerischen Arbeit zentral. Mit diesen setzt sie sich auch im Drama «Et au pire on se mariera» auseinander.

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Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Aïcha selbst. Die Rahmenhandlung zeigt den Teenager in einem Verhörraum der Polizei. Dort erzählt sie vor einer Videokamera ihre Versionen des Erlebten. Obwohl eine Ermittlerin im Raum gezeigt wird, schweigt diese den ganzen Film hindurch, was es für die sonst talentierte Schauspielerin Sophie Nélisse unglaublich schwer macht, die Energie zu halten, ohne theatralisch zu wirken.

Das Publikum ist dem Flunkern des Teenagers hilflos ausgesetzt und wird somit von einer unzuverlässigen Erzählerin durch die Geschichte geführt. Eigentlich ein interessantes Konzept, wenn es funktionieren würde. Da der Zuschauer aber zwischen den Fantasien von Aïcha und den realen Begebenheiten nicht unterscheiden kann, verwirren die verschiedenen Versionen mehr, als dass sie uns bereichern.

Die in Rückblenden erzählte Geschichte wird durch das künstliche Verhör immer wieder unterbrochen, was den Zuschauer jedes Mal aus dem Fluss der Geschichte wirft.

Der süffige Indie-Soundtrack ist jedoch sehr gelungen und schwingt einem auch nach dem Film noch nach. Sympathisch und authentisch kommt Jean-Simon Leduc herüber, der den Musiker Baz verkörpert. Die Entdeckung dieses Schauspielers ist sicher Léa Pool zuzuschreiben, da Leduc vorher kaum im Film zu sehen war. Brillant gecastet ist auch die Hauptrolle mit Sophie Nélisse, die mit ihren 17 Jahren schon an der Seite von grossen Stars wie Maria Bello, Glenn Close, Julia Stiles, Tobey Maguire und Liev Schreiber spielen durfte. Auch ihre jüngere Schwester Isabelle als jüngere Version von Aïcha einzusetzen, ist ein gelungener Schachzug.

Ein Film für alle, die die ersten Frühlingsgefühle spüren wollen.

Filmplakat Et au pire on se mariera
Foto: zVg. Filmcoopi Zürich

Et au pire on se mariera
Regie: Léa Pool
Besetzung: Sophie Nélisse, Jean-Simon Leduc, Karin Vanasse
Genre: Drama
Dauer: 90 min.
Verleiher: Filmcoopi
Release D-CH: 22.03.2018

Zürich: Arthouse Movie

Basel: kult.kino atelier

Chur: Kinocenter

Bern: CineABC

Genf: Les Scala

Lausanne: Pathé Galeries

St.Gallen: Kinok

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Trailer «Et au pire on se mariera»; Video: zVg. Filmcoopi Zürich