24.03.2016
TEXT: Hans-Jürgen JohnFOTO: zVg.

Die Bilanz

Ist 20 Jahre nach der gesetzlichen Verankerung die Gleichstellung zwischen Mann und Frau realisiert? Verboten ist Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund des Geschlechts, insbesondere bei Entlöhnung, Beförderung und den Arbeitsbedingungen. Der Schere zwischen Anspruch und Umsetzung geht der Dokumentarfilm «Gleichstellen – eine Momentaufnahme» von Romana Lanfranconi nach.

Geschäftsführer Claude Werder von der Werder AG in Veltheim (AG).

Der Film:

Romana Lanfranconi

Gleichstellen – eine Momentaufnahme

Originalsprache Schweizerdeutsch, Untertitel f/d/e

Finanziert durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF)

Voltafilm, Luzern 2016

 

Veranstaltungen zum Film:

gleichstellen.ch/Veranstaltungen

Zu prüfen, ob das Gesetz eingehalten wird, gehört zu den Aufgaben des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau (EBG). Realität ist, dass es nur Stichproben gibt. Fachstellen führen im Auftrag des EBG Gleichstellungsprojekte durch. Eine davon, die Fachstelle UND – Familien- und Erwerbsarbeit für Männer und Frauen –, zeichnet Betriebe mit dem Prädikat «Familie und Beruf» aus. Das Prädikat steht für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 

UND arbeitet jährlich mit 200 von zirka 500 000 Firmen in der Schweiz zusammen. Zwei Unternehmen, die am Gleichstellungsprojekt teilgenommen haben, porträtiert Romana Lanfranconi im Film. Zusammen mit ihrer Schwester Lucia M. Lanfranconi, aus deren Dissertation diese 30-minütige Dokumentation hervorgeht, befragte sie Mitarbeitende und Leitung zweier Unternehmen aus dem Aargau.

Das Alterszentrum am Buechberg in Fislisbach beschäftigt rund 60 Mitarbeiterinnen und nur einen Mann in der Pflege. Wieso ist der Frauenanteil so hoch? An Lohn, Spätdienst und Wochenendarbeit könne es liegen, sagt die Pflegedienstleiterin. 

Mitarbeitende wurden für das Projekt nach ihren Wünschen befragt. Als unmittelbare Auswirkung des Projekts wurde der Mutterschaftsurlaub verlängert und die Ferientage von 22 auf 25 Tage erhöht. Der Parkplatz ist gratis, ebenso Mineral, Kaffee und Tee.

20 Jahre Gleichstellungsgesetz

 Die Bundesverfassung regelt in Artikel 8, Abs. 3: 

«Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.»

Das Gleichstellungsgesetz (GlG) ergänzt in Artikel 3, Abs. 1:

«Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.»

Wie sieht die Realität aus? 

 •Weniger als 35 Prozent Frauen bekleiden Führungspositionen. 

•Lohndifferenzen haben sich nur schwach verändert. 

•Viele Männer würden gerne Teilzeit arbeiten, artikulieren es aber kaum.

Die Werder AG aus Veltheim ist ein Zulieferbetrieb für mechanische Teile aus Metall und Kunststoff. Von knapp 70 Mitarbeitenden sind zwei Frauen. «Es gab Zeiten, da hatten wir keine einzige Frau», sagt Geschäftsführer Claude Werder. «Ausser meiner Mutter, die das Büro gemacht hat.» Werder verweist darauf, dass früher körperliche Kraft und Handarbeit im Vordergrund standen. Eine Frauenquote würde wenig bringen, meint er. «Woher soll ich die Frauen nehmen?», fragt er. Das Problem fange schon in der Schule an, wenn Mädchen beim Berufswunsch Polymechaniker auf Unverständnis stiessen. Für Werder ist die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes ein Armutszeugnis. «In 20 Jahren hat sich wenig getan.»

Fazit des Films: Die Gleichstellung ist als Schnecke unterwegs. Das Gesetz dafür ist ein Unikum. Freiwillig soll es umgesetzt werden.