25.07.2017
FOTOS UND TEXT: Claudia Kienberger

Oft denken die Besitzer, dass ihre Hunde fremde Personen nicht mögen. Franz Scherer beweist das Gegenteil, denn schon nach kurzer Zeit liegen ihm die Hunde buchstäblich zu Füssen.

Ein Herz für Hunde

«Mit Hunden muss man psychologisch umgehen»

Während Herrchen und Frauchen auf einer Insel Urlaub machen, erholen sich die Vierbeiner von ihren Strapazen im A3-Tierferienplatz in Mülligen AG.
Die 10'000 Quadratmeter grosse Anlage von Franz und Bernadette Scherer ist ein Paradies für Hunde und Katzen.

Herr Scherer, wie kamen Sie auf die Idee, einen Tierferienplatz zu betreiben?
Ich bin eigentlich durch Hühner auf den Hund gekommen. Vor ungefähr siebzehn Jahren übernahm ich auf diesem Areal eine Farm mit glücklichen Hühnern. Mit dem Ausbruch der Vogelgrippe brach das Geschäft aber ein. Ich war gezwungen, mir ein anderes Geschäftsmodell zu suchen, und fing damit an, Tages- und Ferienhunde zu hüten. Später vermittelte ich – in Zusammenarbeit mit dem Tierschutz – Hunde in ein neues Zuhause. Über mehr als dreizehn Jahre hinweg hat sich meine Idee weiterentwickelt und ist zu einem Unternehmen für Tierferienplätze und einer Hundetagesstätte herangewachsen.

Was genau ist Ihre Arbeit?
Ich leite zusammen mit meiner Frau den Tierferienplatz. Ich kümmere mich um die Hunde, meine Frau betreut die Ferienkatzen. Jeder von uns macht, was er am besten kann. Ich engagiere mich zudem für Tierschutzorganisationen und arbeite nebenbei als Hundetrainier und resozialisiere Hunde. Resozialisieren heisst schwierige Hunde gesellschaftsfähig machen, damit zum Beispiel Tierheimhunde wieder vermittelt werden können. Ich liebe meine Arbeit sehr, ich habe einen guten Draht zu Hunden. Besitzer wundern sich immer wieder, dass die Hunde nicht bellen, wenn sie mich sehen.

Was ist Ihre Aufgabe als Hundetrainer?
Ich arbeite mit jedem Tier individuell und gehe nach Möglichkeit zu den Hundehaltern nach Hause, denn Probleme zwischen Besitzer und Tier möchte ich vor Ort lösen. Ich studiere erst das Verhalten des Hundebesitzers, und danach gehe ich auf sein Tier ein. Viele Halter machen unbewusst oder aus Unwissenheit Fehler mit ihrem Tier oder wissen schlichtweg nicht, wie sie sich verhalten müssen.

Zum Beispiel?
Für viele Besitzer ist der Spaziergang mit dem Hund ein Spiessrutenlauf, weil sie unsicher sind, wie sich der Hund gegenüber anderen Hunden verhält, oder weil sie Angst haben, der Hund reisse zu stark an der Leine und renne einfach los. Hier setze ich mit meiner Arbeit an.

Wie verläuft Ihr Tag im Tierferienplatz?
Ich bin Tag und Nacht, jahrein und jahraus für die Hunde da. Es ist wichtig, dass die Tiere auch während der Nacht meine Anwesenheit spüren, denn so bleiben sie ruhiger. Ich schlafe deshalb immer in einem Rudel Hunde, je nach Wetter drinnen oder draussen auf einem Bett. Wenn mal ein Hund bellt oder jault, bin ich sofort zur Stelle und sehe, was los ist. Die Nachbarschaft freut’s.

«Wo es hygienisch sauber ist, gibt es weniger Krankheiten.»

Der A3-Tierferienplatz liegt inmitten der Natur beim Birrfeld an der Autobahn. Foto: Franz Scherer, Mülligen)

Der Tierferienplatz ist gut sichtbar an der Autobahn gelegen. Ein Vorteil?
Die zentrale Lage ist vor allem ein Vorteil, weil wir auch eine Hundetagesstätte betreiben. Der Tierferienplatz liegt geografisch genau in der Mitte zwischen Basel und Zürich und ist mit dem Auto einfach zu erreichen. Wir haben Kunden, die ihren Hund auf dem Weg zur Arbeit bringen und ihn abends auf dem Heimweg wieder abholen.

Bewältigen Sie das alles allein mit Ihrer Frau?
Wir beschäftigen vier ausgebildete Tierpfleger und eine Lernende, die uns in der täglichen Arbeit unterstützen. Zudem ist unser Sohn im Betrieb tätig.
Ich lege zum Beispiel grossen Wert auf Sauberkeit und Hygiene im Innen- wie auch im Aussenbereich. Mehrmals am Tag reinigen wir die Fussböden, und Hundekot wird sofort entsorgt. Wo es hygienisch sauber ist, gibt es weniger Krankheiten.

Beherbergen Sie neben Hunden und Katzen auch andere Tiere?
Unsere Leidenschaft sind Hunde und Katzen, aber wir beherbergen zurzeit auch Hühner und kleine Nager. Meine Frau züchtet zudem Landschildkröten und zieht sie auf. Im Moment lagern fünfundzwanzig Eier in einem Brutkasten. Wir freuen uns schon auf den Nachwuchs.

Nehmen Sie jede Hunderasse auf?
Ja, bei mir findet jeder Hund seinen Platz, ausser er ist todkrank oder hat eine ansteckende Krankheit – Letzteres ist auch zum Schutz der anderen Tiere.

Wie lange bleibt ein Tier bei Ihnen?
Ein Tier bleibt so lange hier, bis es wieder abgeholt wird. Dies kann unter Umständen und je nach Situation des Besitzers bis zu einem Jahr dauern.

Wie oft wurden Sie schon von Hunden gebissen?
Schauen Sie meine Hände an (zeigt seine Hände): Ich habe keine Narben. Ich bin noch nie von einem Hund gebissen, dafür schon oft verküsst worden.

Wie verhalten Sie sich, wenn ein Hund zubeissen will?
Ein Hund beisst nur zu, wenn er Angst hat oder eine unbekannte Situation auftritt. Hunde müssen geführt werden und merken, wer das Sagen hat. Ich ziehe meine Hand nicht zurück, wenn ein Hund danach schnappt, sondern strecke sie ihm bewusst entgegen und zeige, dass ich keine Angst vor ihm habe. Man muss psychologisch vorgehen.

 «Bei mir findet jeder Hund seinen Platz.»

Haben Sie während der Sommerferien mehr Tiere zu beherbergen als sonst?
Ja, wir haben deutlich mehr Tiere während der Ferienzeit. Es gibt in der Schweiz kaum eine andere Anlage, die so gross ist, und trotzdem sind derzeit alle Einheiten besetzt.

Wie viele Tierplätze haben Sie zur Verfügung?
Wir unterhalten fünfzig Einheiten mit Hundehütten, windgeschützten Unterständen und grossen Auslaufflächen. Jede Einheit erfüllt die Auflagen des Tierschutzes. Je nach Wunsch des Halters ist ein Hund alleine oder in der Gruppe mit anderen Hunden untergebracht. Wir sind flexibel, was die Zusammensetzung einer Gruppe angeht, aber wir experimentieren nicht herum. Unverträgliche Hunde kommen in jedem Fall alleine in eine Einheit. Die Einzelunterbringung ist etwas teurer. Dasselbe Unterbringungsprinzip gilt bei den Katzen. Meine Frau sorgt für das Wohlbefinden der Büsis im Katzenhaus. Sie hat einen super Zugang zu den Tieren. Wilde Katzen lassen sich von ihr innert zwei bis drei Tagen streicheln. Das Katzenhaus hat einen separaten Eingang und liegt einige Meter vom Hundeareal entfernt. Im Katzenhaus gibt es zwölf passend eingerichtete Zimmer. Nach Tierschutzgesetz dürfen sich vier bis fünf Katzen den Raum teilen, aber auch eine Einzelunterbringung ist möglich. Grundsätzlich ist jede Katze froh, wenn sie ihre Ruhe hat. Zuhause verteidigt eine Katze ihr Revier, aber bei uns lebt sie an einem neutralen Ort, wo es nichts zu verteidigen gilt.

Wie viele Tage im Voraus ist eine Reservation möglich?
Eine Reservation ist jederzeit möglich. In der Regel nehmen wir Tiere auch kurzfristig auf. Die Anmeldung erfolgt aber nur elektronisch und schriftlich, weil wir detaillierte Informationen zum Tier benötigen.

Muss der Besitzer das Futter mitliefern?
Es ist wünschenswert, dass der Besitzer das Futter für den Hund zur Verfügung stellt. Die Auswahl an Hundefutter ist gross, und jeder Hund hat seine eigenen Bedürfnisse und Vorlieben. Wie wir Menschen muss sich auch ein Tier an eine neue Umgebung gewöhnen. Wenn der Hund sein gewohntes Futter hat, ist er anfangs weniger gestresst und lebt sich schneller ein.

Wann machen Sie Ferien?
Ich mache keine Ferien. Ich bin eng mit den Hunden verbunden. Urlaub ist für mich, wenn ich mich im Ausland beruflich weiterbilde.

Was passiert, wenn ein Tier während des Aufenthalts ausreisst oder stirbt?
Das kann leider passieren, und es trägt auch niemand eine Schuld, wenn ein Tier an einem Herzinfarkt stirbt oder ein Hund eine Magendrehung hat. Natürlich benachrichtigen wir sofort den Halter des Tieres. Ist dieser aus irgendwelchen Gründen nicht erreichbar, wird das tote Tier tiefgekühlt aufbewahrt. Danach entscheidet der Besitzer, ob die Todesursache untersucht werden soll.

Man hört leider auch immer wieder von Tieren, die von ihren Besitzern ausgesetzt werden. Nehmen Sie auch heimatlose Tiere auf?
Die Polizei hat vor kurzem eine säugende Katzenmutter mit ihren drei Babys bei uns abgegeben. Offenbar wollte der Katzenbesitzer keine Katzenfamilie bei sich zuhause, oder er ist in die Ferien gefahren. Meine Frau kümmert sich jetzt um die heimatlose Katzenfamilie. Ziel ist es nun, für die Mutter und die Kätzchen ein neues Zuhause zu finden.

 

Die einfache Zu- und Abfahrt zum A3-Tierferienplatz ist ein grosser Vorteil für die Kunden. Der Besucher fühlt sich bei Ankunft sofort willkommen. Diese drei Katzenbabys suchen ein neues Zuhause. Noch benötigen sie die Liebe und Fürsorge der ausgesetzten Mutter. In den liebevoll eingerichteten Katzenzimmern geniessen die Ferienbüsis ihren Aufenthalt. Eine oder bis zu maximal fünf Katzen teilen sich einen gemütlich eingerichteten Raum. Der Tierferienplatz ist auch eine Wohlfühloase für die Besucher. Das Areal ist geschmackvoll und passend mit vielen detailreichen Hinguckern dekoriert. Kira (Akita) umgarnt Franz Scherer im Garten. Hunde brauchen viel Auslauf und Bewegung. Das Areal bietet den Tieren Freiraum und genug Spielmöglichkeiten. Und wenn die Hunde müde sind, finden sie auf dem Gelände auch Betten zum Schlafen. Auf Wunsch ist Familienanschluss inbegriffen. Die Ferienhunde werden jeweils bunt gemischt, sofern sie gut sozialisiert sind. Die Tiere werden immer von einer Person beaufsichtigt. Das Herz von Franz Scherer schlägt für Hunde – egal, welche Rasse und welche Verhaltensweisen sie an den Tag legen. Die Tiere spüren sein Vertrauen und folgen ihm auf Schritt und Tritt. Cicia (Pekinese) und Gizmo (Zwergpinscher) teilen sich während ihrer Ferien ein Gehege und werden hoffentlich gute Freunde. Es hat genug Platz für alle. Je nach Lust und Laune halten sich die Hunde drinnen in der Hütte auf, spielen draussen auf dem Kiesplatz oder rennen auf der Wiese um die Wette. Über Kira (Akita) wurde gesagt, dass er nicht gerne mit Menschen zusammen sei. Franz Scherer hat dem Besitzer bewiesen, dass er irrt. Nach nur zwei Stunden intensiver Betreuung wurde Kira anhänglich. Sauberkeit und Hygiene sind das A und O. Im Kiesboden ist der Hundekot gut sichtbar. Er wird sofort entsorgt, damit sich Mensch und Hund sorglos bewegen können. Kyra (Mischling) kommt zwei- bis dreimal pro Woche als Tageshund ins A3. Er ist ein überaus loyaler Hund, versteht sich gut mit anderen Gefährten und ist Menschen gegenüber gutmütig. Dieser Welsh Corgi gehört nicht der Königin Elisabeth von England. Die kleinen Hunde sind aber dank der Queen bekannt geworden, sind allerdings vom Aussterben bedroht. Alles am richtigen Ort: Statt Hängeregistern lagern hier Futter und Näpfe für die vierbeinigen Feriengäste. Jedem Hund seine eigene Schublade. Darin lagern neben Futter und Napf auch sämtliche Informationen über den aktuellen Feriengast. Wo und auf welchem Bett soll ich heute Nacht schlafen? Diese Frage stellt sich Franz Scherer jeden Abend. Die Hunde schlafen ruhiger, wenn er ihnen nachts Gesellschaft leistet.