10.11.2017
FOTOS UND TEXT: Andreas Bartholdi

Livia Bratschi (27), Vorfeldverkehrsleiterin bei Apron Control am Flughafen Zürich.

Über dem Flugfeld

Die Dirigentin im Flughafen-Tower

Während ihrer Schicht steht Livia Bratschi (27) in Funkverbindung mit Piloten, Traktorfahrern und Einwinkern, den sogenannten Marshallern, und trägt so zu einem sicheren, flüssigen und effizienten Rollverkehr am Boden bei.

Was ist Ihre Aufgabe bei Apron Control?
Mit meinen Teamkollegen bin ich am Flughafen Zürich für einen sicheren, flüssigen und effizienten Rollverkehr im Bereich der Rollwege und Standplätze zuständig. Wir befinden uns im Vorfeld-Kontrollturm. Von dort aus stellen wir die Vorfeldverkehrsleitung in Echtzeit mittels Anweisungen über Funk sicher. Dies umfasst nebst dem Funkkontakt mit den Piloten unter anderem auch die Koordination der Schleppfahrzeuge – auch «Pusher» genannt – oder den Kontakt zu den sogenannten Marshallern (vollständig: Flight Line Marshaller, FLM), den Einwinkern oder Bodenlotsen an Flughäfen.

Flugzeug mit Schleppfahrzeug oder «Pusher». Ein Pusher kann bis zu 70 Tonnen bewegen.

Wie lautet Ihre genaue Berufsbezeichnung?
Unsere Berufsbezeichnung lautet «Vorfeldverkehrsleiter Apron Control».

Wie lange arbeiten Sie schon bei Apron Control?
Am Flughafen Zürich bin ich seit sechseinhalb Jahren, davon eineinhalb Jahre in Ausbildung. Insgesamt bin ich also seit fünf Jahren als Vorfeldverkehrsleiterin tätig. Wer hier arbeitet, trägt viel Verantwortung. Er oder sie sieht sich mit vielseitigen Aufgaben konfrontiert und muss deshalb ein gehöriges Mass an Disziplin, Zuverlässigkeit und Flexibilität mitbringen.

Welche Ausbildung wird benötigt, um bei Apron Control zu arbeiten?
Voraussetzungen, um bei Apron Control zu arbeiten, sind eine abgeschlossene Ausbildung oder die Matura sowie sehr gutes Englisch. Wir haben ein Auswahlverfahren, das mit Skyguide durchgeführt wird. Zum Selektionsverfahren gehören unter anderem die Prüfung der Englischkenntnisse (ICAO Level 4) sowie ein Medical Check, der für ein Tauglichkeitszeugnis der Klasse 3 für Fluglotsen nötig ist. Der erste Teil der Ausbildung findet bei Skyguide statt. Danach stehen interne Schulungen und Simulationen an. Dies ist ein Block von drei Monaten und umfasst auch Weiterbildungen bei den Marshallern. Anschliessend geht’s in den Apron Control Tower für das On-the-job-Training. Da schaut uns ein erfahrener Apron-Controller mit einer Zusatzausbildung als Coach über die Schulter, der Auszubildende bei heiklen Situationen unterstützt, um diese nicht zu überfordern. Gleichzeitig gibt der Coach immer wieder hilfreiche Tipps während der Schicht. Am Ende jeder Schicht erhält der Auszubildende immer Rückmeldung zur geleisteten Arbeit. Dieser praktische Teil dauert je nach Leistung nochmals vier bis fünf Monate.

Hören Sie einen Mitschnitt aus dem Apron Control Tower mit Livia Bratschi und den Piloten:

Der Arbeitsplatz von Livia Bratschi befindet sich in der unteren Kanzel des Towers am Flughafen Zürich.

Wie sieht die Arbeitszeit aus, und mit wie vielen Personen arbeiten Sie?
Bei Apron Control herrscht Schichtbetrieb. Jede Schicht dauert 8½ Stunden. Die erste Frühschicht beginnt um 5.30 Uhr und die zweite um 6.00 Uhr. Danach startet die erste Spätschicht von 13.30 bis 22.00 Uhr und die zweite von 15.30 Uhr bis zum Ende des Flugbetriebs um 23.30 Uhr. In der Nacht sind wir von Apron Control nicht anwesend, und alles läuft dann über Skyguide und Airport Authority, die 24 Stunden am Flughafen präsent sind. Insgesamt arbeiten 28 Vorfeldverkehrsleiter bei Apron Control.

Wie ist die Zusammenarbeit von Apron Control, Skyguide, Feuerwehr und den anderen involvierten Einsatzzentralen, wie zum Beispiel die Polizei bei einem Unglück?
Wir haben ein Alarmsystem, das die Information aller relevanten Stellen sicherstellt. Gerade in einem solchen Fall sind wir sehr eng mit Skyguide, mit dem Flugplatzleiter auf Platz (Airport Authority), mit Schutz & Rettung oder der Kantonspolizei in Kontakt. Zum Glück gab es bis jetzt, seitdem ich hier arbeite, noch kein Unglück, und wir mussten das System nie benutzen.

Was, wenn bei Apron Control Fehler passieren?
Wo Menschen arbeiten, können natürlich Fehler passieren. Aber wir tun alles, um das Risiko dafür zu minimieren. Ein wichtiges Element dabei ist, dass Fehler rapportiert werden. Dazu haben wir ein anonymes Rapportiersystem, um die Hemmschwelle möglichst tief zu halten. Anonym heisst, dass wir unseren Namen dazuschreiben können, aber nicht müssen, wenn wir nicht wollen. Es geht darum, das System und die Sicherheit laufend zu verbessern. Die Rapporte werden an unsere Safety-Abteilung weitergeleitet, die alle Vorfälle sammelt, analysiert und gegebenenfalls gezielt Massnahmen vorschlägt. Schwere Vorfälle hatten wir im Apron Control Tower bisher zum Glück nicht.

Wie gestalten Sie Ihre Freizeit nach einem strengen Arbeitstag?
Ich bin nicht so der Morgenmensch. Nach einer Frühschicht bin ich oft müde und versuche, mit Kollegen etwas zu unternehmen oder Sport zu treiben. Vor der Spätschicht, wenn andere noch am Arbeiten sind, versuche ich, Privates wie Einkäufe zu erledigen. Wie an anderen Arbeitsplätzen auch bringt die Schichtarbeit Vor- und Nachteile mit sich.

Sind Sie stolz auf Ihre Arbeit bei Apron Control, oder ist das ein Job wie jeder andere?
Mit der Zeit ist es eine ganz normale Arbeit – mit dieser tollen Aussicht auf den Flughafen. Die Besucher, die in den Tower kommen, sind immer begeistert von der Tätigkeit, die wir leisten, und der Aussicht. Dann merke ich, dass ich stolz sein kann auf meine Arbeit bei Apron Control. Mein Job macht wirklich Spass. Mir gefällt er sehr!

Abflug von Zürich des Airbus A380 (Emirates).

Im Durchschnitt frequentieren pro Tag über 75 000 Fluggäste den Flughafen Zürich, im Jahr 2016 insgesamt über 27 Millionen Passagiere. Im Durchschnitt finden 735 Flugbewegungen pro Tag statt, und etwa 85 Tonnen Fracht werden täglich umgesetzt. 68 Fluggesellschaften fliegen von oder nach Zürich. Für die Fluggäste stehen 182 Check-in-Schalter und 36 Self-Check-in-Automaten zur Verfügung. Die Netto-Geschossfläche des Flughafengebäudes umfasst 1 270 000 m² und das Flughafenareal 916 Hektaren. Insgesamt umfasst der Flughafen Zürich 70 Gebäude inklusive Tower, Betriebsgebäude, Werkhof, Parkhäuser, Fracht, Busgates und mehr. Es gibt 4 Gate-Bereiche (A, B, D, E) mit 62 Dockgates und 34 Busgates. Die 28 Mitarbeitenden von Apron Control machen einen kleinen, aber sehr wichtigen Teil der insgesamt über 1700 Mitarbeitenden der Flughafen Zürich AG aus.

360° - Flughafen-Tower

Panorama: Andreas Bartholdi
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