14.09.2016
FOTO UND TEXT: Albert Jörimann

André Gstettenhofer an seinem wichtigsten Arbeitsinstrument, dem Computer.

Fünf Fragen

Buchhändler und Verleger

André Gstettenhofer, 44, hat im Frühling 2016 in den Räumlichkeiten seines Salis-Verlags in Zürich-Oerlikon auch eine Buchhandlung eröffnet.

Was machen Sie, bevor Sie zur Arbeit gehen?
Vor der Arbeit wird gearbeitet, und zwar hoch qualifiziert und intensiv: Die dreijährigen Zwillinge nehmen die ersten Stunden des Tages voll in Beschlag. Erst im Büro komme ich erstmals zur Ruhe. Bei einem Kaffee gehe ich die Literaturnews durch in den Online-Feuilletons von «FAZ», «Süddeutsche», «Zeit», «NZZ» und so weiter. Nach rund 15 Minuten bin ich betriebsbereit.

Was beinhaltet Ihr Job?
Im Vordergrund steht der 2006 gegründete Salis-Verlag. Wir haben uns der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur verschrieben und suchen literarische Talente, realisieren ihre Bücher und vermitteln sie an die Leserinnen und Leser. Die Informationen aus den Feuilletons dienen mir als Orientierungs- und auch  als Abgrenzungshilfe für unser Programm. Mit Thomas Meyers «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» hatte Salis vor vier Jahren einen echten Grosserfolg bis hin zur Taschenbuchlizenz bei Diogenes und zum Verkauf der Filmrechte. Insgesamt wurden über 100 000 Bücher verkauft – in der Regel kann man sich «von» schreiben, wenn man in der Schweiz von einem literarischen Titel 5000 Exemplare absetzt! – Ja, und da sitze ich dann am Rechner, schreibe Mails, erledige administrative Arbeiten oder kümmere mich um die Herstellung. Die Abläufe sind weitgehend gleich wie früher. Die Digitalisierung hat Teile der Produktion vereinfacht, aber weit weniger, als man gemeinhin annimmt. Und selbstverständlich treffe ich viele Menschen, manchmal draussen in der Welt, manchmal kommen sie zu uns. Seit März 2016 betreibe ich in den Verlagsräumlichkeiten auch eine Buchhandlung. Zur Hauptsache kümmert sich meine Mitarbeiterin Anna Chatzinikolaou charmant um die Kunden und die Administration. Für mich fallen ein- bis zweimal im Monat Lesungen am Abend an, von verlagseigenen wie auch von anderen Autorinnen und Autoren. Und eigentlich sollte ich als Verleger lesen, lesen und nochmals lesen, aber die Zeit reicht natürlich nie, und die «private» Lektüre fällt völlig flach.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Ihre Arbeit gerne machen?
Vorweg: Es ist ein Privileg, seine Neigung zum Beruf machen zu können. Mein Job macht mir grossen Spass, vom ersten Tag an bis heute. Technisch brauche ich ganz simpel ein funktionierendes, schnelles Internet und Handyempfang. Inhaltlich bin ich davon abhängig, dass es immer wieder neue, experimentierfreudige, offene und schreibkundige Menschen gibt, welche die Welt durch ihre Auseinandersetzung damit bereichern. Und finanziell gesehen hilft der eine oder andere Druckkostenbeitrag zur Senkung des Risikos.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?
Meine Arbeit nehme ich kaum als Belastung wahr, und seit ich im gleichen Haus arbeite und wohne, noch weniger. Ich brauche eigentlich keine Abwechslung von der Arbeit, ausser ein bisschen laufen. Immerhin reserviere ich für die Familie so viel Zeit wie möglich. Die wird grundsätzlich nicht mit Geschäftlichem vermischt.

Haben Sie einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Bei uns hier läuft den ganzen Tag die Musik des Zürcher Internetradios GDS. Damit sind wir selten länger schlecht drauf.