29.08.2016
FOTO UND TEXT: Daniel Buess

Daniel Erni in einem unterirdischen Archivraum.

Fünf Fragen

Archivar im Magazindienst

Daniel Erni, 52, arbeitet als Archivmitarbeiter im Magazindienst des Staatsarchivs Basel in den unter- und oberirdischen Räumen der drei Archivstellen. In seiner Freizeit widmet er sich der Bierbrauerei und sammelt Fotografien.

Haben Sie ein Morgenritual?

Wenn ich geduscht habe, brauche ich einen Kaffee. Dann fahre ich mit dem Tram von Reinach zum Hauptarchiv im Stadtzentrum von Basel. Im Tram lese ich Zeitung. Nicht das Gratisblatt, sondern die «Basler Zeitung». Obwohl ich mir dabei wie ein Exot vorkomme. Wer liest denn noch eine richtige Zeitung im Tram? Im Büro starte ich den Computer, lese die Mails und schaue auf den Kalender.

Was beinhaltet Ihr Job?

Am Dienstag habe ich Versorgdienst. Sämtliche Archivalien, die am Freitag im Lesesaal angeschaut worden sind, packe ich auf einen Wagen, um sie einzuräumen. Es ist absolut wichtig, dass alles dorthin kommt, wo es hingehört. Landet ein Archivale am falschen Ort, ist es buchstäblich versenkt. Zu mir gelangen auch die von unseren Historikern erfassten Archivalien, damit ich sie etikettieren und einem Standort zuweisen kann. Ausserdem prüfe ich, ob die Verpackung mit den Angaben im Computer übereinstimmt. Und ob sie generell in Ordnung ist. Gerade bei heiklen Archivalien wie Glasplatten muss ich sehr darauf achten. Falls ich da etwas finde, das nicht fachgerecht aussieht, setze ich mich mit unserer Restauratorin in Verbindung. Hier bin ich quasi die letzte Kontrollinstanz. Am Dienstagnachmittag habe ich Holdienst. Leute, die den Wunsch haben, Akten einzusehen, können diese entweder vorgängig über unseren Onlinedienst oder gleich im Lesesaal bestellen. Die Bestellungen sortiere ich nach Standort, damit ich in dem siebenstöckigen Gebäude nicht hundertmal hinauf- und hinabfahren muss. Habe ich die bestellten Archivalien beisammen, deponiere ich sie im Lesesaal. Bleibt schliesslich noch die Bauplanausgabe am Donnerstag. Im Hauptarchiv verwahren wir ungefähr zwei Millionen Baupläne. Dieses Archivgut wird sehr stark nachgefragt. Hausverkäufer und Bauleute, die Häuser sanieren, benötigen oft Informationen, die nur noch auf alten Plänen zu finden sind. Auch für Ingenieurbüros und Behörden ist die Bauplanausgabe eine gern genutzte Anlaufstelle.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Ihre Arbeit gerne machen?

Ich habe den Vorteil, dass meine Arbeit sehr abwechslungsreich ist. Wenn ich längere Zeit am Bildschirm sitze und merke, dass die Konzentration nachlässt, kann ich die Computerarbeit auch mal unterbrechen, um etwas anderes zu machen. Das ist Gold wert. Um nichts in der Welt möchte ich mit jemandem tauschen, der acht Stunden am Tag ununterbrochen Zahlen und Buchstaben «eintöggelt». Im Staatsarchiv schätze ich auch das angenehme Arbeitsklima. Im Team ist der Umgang sehr kollegial. Unter solchen Umständen ist es für mich gar nicht so schlimm, dass ich hin und wieder einen ganzen Tag im dritten Untergeschoss verbringen muss. Ohne Tageslicht.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?

Auch wenn mir meine Arbeit gefällt, liegt mir viel an Aktivitäten, die neben dem Beruf herlaufen. In meiner Freizeit braue ich Bier. Freilich nicht in üppigen Mengen. Ich braue immer nur so viel, wie ich trinken kann. Einmal wöchentlich spiele ich mit Kollegen Fussball, Basketball und Unihockey. Mittwochs, an meinem arbeitsfreien Tag, ist der Garten dran. Gartenarbeit empfinde ich nicht als Arbeit, obwohl sie anstrengend sein kann. Dann sind da noch die Matchbesuche im Joggeli. Seit über 40 Jahren besuche ich mit meinem Vater jedes Heimspiel des FC Basel. Ein Ritual, das uns sehr wichtig ist. Als Ex-Buchhändler und Archivmitarbeiter habe ich natürlich irgendwo auch einen Sammlertick. In meinem Keller stapeln sich tonnenweise Bücher, die ich grösstenteils noch gar nicht gelesen habe. Mit dem Sammeln und Kaufen musste ich aufhören, aus Platzgründen. Ich könnte 300 Jahre alt werden und hätte für den Rest meines Lebens genügend Lesestoff. Was ich aber nach wie vor sammle, sind Fotografien, wobei mich bei jedem Foto seine spezielle Geschichte interessiert. Mein Lieblingsfoto stammt von René Groebli. Es zeigt Haile Selassie, den letzten Kaiser von Abessinien.

Haben Sie einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Keine Vollzeitstelle! So bleibt genügend Freizeit zur Erholung, und man geht besser gelaunt wieder zur Arbeit.