28.03.2019
FOTOS UND TEXT: Yvonne Christof
Sandra Balsiger und Karin König in der Altstadt-Buchhandlung Murten.

Sandra Balsiger und Karin König in der Altstadt-Buchhandlung Murten.

Fünf Fragen an die Buchhändlerinnen

Bücher und mehr: Der Job ist schön vielseitig

Die Inhaberin Sandra Balsiger (51) und ihr kleines Team lesen und verkaufen Bücher mit Leidenschaft. Aber manchmal schlüpfen sie auch in andere Rollen. Sandra Balsiger und Karin König (32) erzählen, welche kleinen Abenteuer sie manchmal in Murtens charmanter Altstadt-Buchhandlung erleben.

Habt ihr ein Morgenritual, oder was macht ihr, bevor ihr zur Arbeit geht?
Sandra B.: Ich habe ein sehr schönes, das heisst, ich bekomme ein sehr schönes Morgenritual. Meine Tochter bringt mir jeden Morgen einen Kaffee ans Bett. Das macht mich immer richtig glücklich. Ich liebe es, am Morgen meinen Kaffee zu trinken. Manchmal bleibe ich sogar extra etwas länger im Bett liegen. Wenn ich zum Beispiel wie heute früher aufstehen müsste als meine Tochter, da warte ich, bis sie kommt. Aber ansonsten habe ich kein spezielles Morgenritual. Es unterscheiden sich aber auch die Arbeitstage von den Nichtarbeitstagen beziehungsweise wenn ich etwas später mit der Arbeit beginne. An solchen Tagen schaue ich erst mal schnell die Medien durch. Ich lese sehr gerne Buchblogs oder scrolle einfach durch, was es Interessantes auf dem Literaturmarkt gibt.

Was beinhaltet euer Job?
Karin K.: Mein Job beinhaltet mehr als nur den reinen Buchverkauf, wie vielleicht oft angenommen wird. Es gehört auch viel Beratung dazu. Das macht ja auch eine kleine Buchhandlung aus. Bei uns bekommt der Kunde nicht nur 08/15-Bücher. Wir bieten auch sehr viele spezielle Bücher an. Hinzu kommt viel Büroarbeit, wie Rechnungen schreiben und Bestellungen erledigen. Der Job ist sehr abwechslungsreich, und ich mache einfach alles, was ansteht. Spezielle Kundenanfragen sind ebenfalls häufig dabei. Manchmal haben wir auch schwierige Fälle, also schwierig zu findende Bücher. Die Suche wird dann ausgedehnt bis hin zu ganz kleinen Verlagen oder sogar ins Ausland. Aktuell habe ich zum Beispiel gerade etwas in Holland bestellt.

Sandra B.: Wir sind manchmal auch Detektivinnen. Teilweise erhalten wir vage Anfragen, wobei der Kunde ein bestimmtes Buch sucht und sich nur daran erinnert, dass das Buch ein rotes Cover hatte, von einer Schweizerin geschrieben wurde und von einem Bauern handelte. Das versuchen wir dann zu finden. Wir suchen ebenfalls in Antiquariaten, wenn ein Kunde beispielsweise vor dreissig Jahren mal ein bestimmtes Buch gelesen hat und uns fragt, ob es dieses noch gibt.

Eine Zwischenfrage: Wie sieht dein Aufgabengebiet als Geschäftsführerin aus?
Sandra B.: Grundsätzlich habe ich den Anspruch an meine Mitarbeitenden, dass alle alles machen dürfen, aber auch müssen. Fast alles. Unser Buchladen ist nicht hierarchisch organisiert. Die Selbständigkeit der Mitarbeitenden ist sehr wichtig.
Als Geschäftsführerin mache ich natürlich alle Arbeiten, die mit den Finanzen zu tun haben, obwohl ich auch hier für sehr viel Transparenz bin. Die Mitarbeitenden dürfen wissen, wie gut oder halt auch mal wie weniger gut es um den Laden steht.
Was ich vielleicht darüber hinaus auch noch selber mache, ist, sehr «up to date» zu sein. Ich orientiere mich sehr stark an den Medien und schaue: Was ist im Gespräch? Wie ist der Trend? Da erfahre ich, über welche Bücher aktuell viel geredet wird, und die präsentiere ich anschliessend auch im Laden. Aktuell ist es zum Beispiel ein Krimi, über den viel geredet wird. Diesen bestelle ich und kann ihn meinen Kunden anbieten. So haben wir eigentlich schon viele Titel entdeckt. Das mache ich sehr gerne.

Karin K.: Ansonsten bestellen wir das normale Sortiment, den neuen Grisham beispielsweise. Aber die speziellen Sachen, die finden wir, indem wir natürlich selber viel lesen und online recherchieren. Dann haben wir natürlich auch die saisonalen Trends. In der Sommersaison kommen viele Touristen nach Murten. Das ist für uns die grosse Saison. Die Touristen kaufen gerne Taschenbücher, einfache und schnelle Ferienlektüre. Und immer wieder gerne gekauft werden auch Wanderführer und Bücher rund ums Wandern. Der Job ist schön vielseitig.

Sandra B.: Im Moment geht der Trend zum Beispiel in Richtung «Wohlfühl-Ich», «sich mit sich selber auseinandersetzen» oder «Ruhe für sich selber finden». Angefangen hat dieser Trend vor einem Jahr mit den Ausmalbüchern für Erwachsene. Auch gibt es die unterschiedlichsten Trends zum Thema Ernährung: Intervallfasten und solche Geschichten. Im Winter bieten wir oft umfangreichere Bücher an, die ansonsten schwer verkauft werden, die aber als schöne Geschenke zu Weihnachten dienen. Und jetzt steht ja Ostern bevor. Da kommen die ganzen Kinder-Osterbücher, Bücher zu Ostereierfärben oder Osterdekorationen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ihr eure Arbeit gerne macht?
Sandra B.: Bin ich kontaktfreudig? Rede ich gerne mit den Leuten? Bin ich gerne im Mittelpunkt? Das sind Dinge, die wir wirklich gerne machen müssen. Wir müssen uns gerne exponieren wollen. Wir stehen immer im Laden, mittendrin, da dürfen wir uns nicht verstecken. Das muss man einfach gerne machen, sonst geht es nicht. Darüber hinaus und vor allem sollte ein Mitarbeiter in einer Buchhandlung natürlich auch noch gerne lesen.

Karin K.: Im Laden sind wir schon sehr präsent. Ein breites Allgemeinwissen gehört ebenfalls dazu. Wir müssen von allem eigentlich etwas wissen. Auch was die Buchbestellungen angeht. Manchmal bekomme ich eine Bestellanfrage, und in der ersten Sekunde denke ich: «Oh, wo bekomme ich das jetzt wieder her?» Ich versuche wirklich immer alles, damit wir ein bestimmtes Buch irgendwie bekommen. Und das ist das Spannende.

Sandra B.: Die Interessen müssen breit gefächert sein. Wir sind unseren Kunden gegenüber stets sehr aufmerksame Zuhörer und sind mit ihnen im Gespräch und nicht immer nur über Bücher. Das zu mögen, ist eine wichtige Voraussetzung.

Karin K.: Manchmal erleben wir auch nicht so schöne Situationen. Gerade wenn es jemandem schlecht geht, weil in seinem oder ihrem Leben gerade etwas passiert ist. Wir sind manchmal recht nah am Drama. Aber natürlich auch an den schönen Sachen.

Sandra B.: Wenn jemand krank ist oder gestorben ist, erfahren wir es hier. Es gehört schon fast ein wenig Sozialarbeit dazu. Manchmal sind wir ein Reisebüro, manchmal Psychologen. Aber das ist auch das Spezielle an diesem Buchhandel. Der Laden ist ja recht klein und dadurch auch sehr persönlich. Das macht ja den kleinen Buchhandel aus, im Gegensatz zu den Online-Shops. Wir müssen immer sehr wach sein, wir haben wenig Alltagsroutine.

Wie wichtig ist euch der private Ausgleich?
Sandra B.: Ich kann das nicht so trennen. Ich bin privat eigentlich immer mit Büchern verknüpft und habe eigentlich nie das Gefühl, fertig mit der Arbeit zu sein. Aber es belastet mich nicht, sondern ist ja etwas sehr Schönes, das ich mit nach Hause nehmen kann. Jetzt habe ich zum Beispiel wieder drei Bücher mitgenommen, Kochbücher. Diese sehe ich mir dann zu Hause genauer an und bringe sie am nächsten Tag wieder in den Laden. Ich kann Beruf und Privates nicht strikt trennen. Selbstverständlich brauche auch ich etwas Freizeit. Da habe ich das Bedürfnis nach Sport! Ich mache sehr viel Yoga. Und den ganzen Winter über fahre ich Ski.

Karin K.: Ich habe eigentlich auch noch nie ein Buch gelesen, ohne dass ich überlegt habe: Wem kann ich es verkaufen? Wie verkaufe ich es? Der Laden ist immer irgendwie präsent. In meiner Freizeit gehe ich sehr gerne raus an die frische Luft. Wir sind sehr viel draussen unterwegs, Hauptsache Natur. Wandern, klettern und im Wald spazieren gehen, das tut mir gut.

Fotos: Yvonne Christof

Habt ihr einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Karin K.: Das Wichtigste ist sicherlich, dass ich den Job einfach gerne mache. Ich freue mich immer, wenn ich aus den Ferien zurückkomme und wieder zur Arbeit gehen kann. Ich kann gar nicht genau sagen, was es ist. Manchmal denke ich schon, dass ich nicht so gerne Buchhändlerin wäre, wenn ich nicht genau hier arbeiten könnte. Eigentlich ist es ja nicht so der Wahnsinnsjob. Man hat schlechte Arbeitszeiten, ist nicht gut bezahlt, und man hat keine Aufstiegschancen. Eigentlich hat man nichts. Aber es ist genau der Job, den ich machen will.

Sandra B.: Gute Laune zu haben, hat – wie ich finde – mit einer offenen Art zu tun und auf die Leute zugehen können. Viele Sachen sind einfach lustig, wenn ich mich darauf einlassen kann und nicht einfach nur den Job erledige. Zur guten Laune gehört für mich ausserdem, gut ausgeschlafen zu sein. Mein Tipp für gute Laune: einfach genug schlafen und offen und freundlich mit den Leuten umgehen.

Karin K.: Naja, ich schlafe aktuell nicht so viel. Ich habe gerade ein kleines Baby. Ich kann schon sagen, dass die Arbeit etwas leichter ist, wenn ich ausgeschlafen bin.
Ich erlebe aber auch sehr oft viele schöne Momente im Job, bei denen ich gute Laune bekomme. Zum Beispiel hat mal ein kleiner Bub so sehr für ein Buch gespart, dass er etwa fünfmal vorbeigekommen ist, und das Geld hat immer noch nicht ganz gereicht. Das war so herzig, und so was hätte ich nicht erlebt, wenn ich einfach nur in einem Büro hocken würde.