Veröffentlicht am 22.01.2015FOTO UND TEXT: Tito Valchera

Blitzlicht: Arbeitsagoge

Simon Bruderer, 37, repariert in der Velowerkstatt der Stadt Zürich bis zu hundert Jahre alte Velos – zusammen mit den Teilnehmenden des städtischen Arbeitsintegrationsprogrammes.

Haben Sie ein Morgenritual?
Früher habe ich so lange wie möglich geschlafen. Jetzt diktiert mein 16 Monate alter Sohn den Morgenrhythmus: Er weckt mich, sobald er Hunger hat, meistens gegen sieben Uhr und kriegt dann seinen Schoppen. Parallel dazu machen meine Frau und ich uns nacheinander für den Tag frisch und fahren danach gemeinsam zur Arbeit oder je nach dem zuerst in die Kinderkrippe. Das Büro meiner Frau liegt auf dem Weg zu meinem. Am Arbeitsort angekommen, schaue ich die vorgesehenen Tagesgeschäfte durch und verschaffe mir so einen Überblick.

Was beinhaltet Ihr Job?
Ich bin bei der Velowerkstatt der Stadt Zürich für die Arbeitsanleitung der Teilnehmenden und den Betrieb der Werkstatt zuständig. Hier an der Badenerstrasse arbeiten Langzeitarbeitslose und Leute, die in einer beruflichen Arbeitsmassnahme eine IV-Ausbildung als Zweiradmechaniker machen. In unserem zweiten Betrieb in Zürich Oerlikon beschäftigen wir auch Jugendliche. Als Arbeitsagoge und Zweiradmechaniker kümmere ich mich sowohl um die Menschen, als auch um die Velos: So betreue ich die Teilnehmenden, kontrolliere aber auch die erledigten Arbeiten, überprüfe die Bestellungen, die Lagerbewirtschaftung und die Kassenführung. Da ich nur 70 Prozent arbeite, ist dazu eine funktionierende Absprache im Leitungsteam zwingend.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Ihre Arbeit gerne machen?
Das wichtigste ist ein gutes Team. Damit meine ich Menschen, die sich gegenseitig den Rücken stärken und auch gegenseitig füreinander einspringen. Ein gutes Team arbeitet miteinander und nicht gegeneinander. Dies ist umso wichtiger, wenn harte Zeiten anstehen. Dann müssen wir mit veränderten und erschwerten Rahmenbedingungen flexibel und kreativ arbeiten, um die Ziele trotzdem zu erreichen. In unserer Werkstatt haben alle einen handwerklichen Hintergrund und interessieren sich für Velos. Dieses persönliche Interesse und Know-how hilft – und ist auch für mich, zusammen mit der Weiterbildung im sozialen Bereich, eine Grundvoraussetzung für ein positives Arbeitsklima.

Wie wichtig ist Ihnen der private Ausgleich?
Ich bin darauf angewiesen, nenne meinen Ausgleich aber eher Psychohygiene. Ich bin aktiv, liebe das Handwerkliche, Kreative und reise gerne. Den grössten Teil meiner Freizeit verbringe ich mit meiner Familie. Mit dem Junior meist auf Spielplätzen. Mit meiner Frau hingegen auf der Tanzfläche: Ich tanze seit über zehn Jahren leidenschaftlich gerne Salsa. Meine Frau ist Turniertänzerin und trainiert mehr als meine zwei bis drei Mal pro Woche. Dafür begleite ich sie oft an Wettkämpfe und knipse Fotos, die ich dann auf unserer Homepage anbiete. Seit mehreren Jahren bin ich nebenberuflich als Fotograf tätig.

Haben Sie einen Tipp für gute Laune bei der Arbeit?
Es heisst ja: «Zuerst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen.» Aber stimmt das Erste, hat auch das Zweite seinen berechtigten Platz. Also: Nicht immer alles so eng sehen! Dann kann ich den Chef auch ein bisschen humorvoll auf den Arm nehmen.