Veröffentlicht am 21.02.2013TEXT: Bettina GuggerFOTO: Simone Gloor

Dank quitt.ch können informelle Arbeitsverhältnisse auf einfache Weise legalisiert werden.

Sauber abgerechnet und vorgesorgt

bg. Wer bis anhin legal eine Hilfskraft für Haushaltsreinigung, Babysitten und andere kleine Aufgaben anstellen wollte, stand vor administrativen Herausforderungen. Das Internetportal quitt.ch leistet hierbei eine schnelle und günstige Hilfestellung.

Die Biochemikerin Vera Studer arbeitet Vollzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Basel, und auch ihr Partner ist beruflich stark engagiert. Um mehr Freizeit zu haben, wollte das Paar eine Reinigungskraft anstellen, sah aber aus Furcht vor dem Papierkrieg lange davon ab.

Das Bundesgesetz über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA), das seit 2008 in Kraft ist, hat zwar eine administrative Erleichterung gebracht. Doch auch das vereinfachte Abrechnungsverfahren ist kompliziert genug: Die privaten Arbeitgeber müssen sich immer noch durch Broschüren zum Sozialversicherungsrecht und zur Lohnabrechnung kämpfen.

Das ist auch Daniel Moser aufgefallen. Der 31-jährige Informatiker arbeitete nach seinem Studium an der ETH Zürich dreieinhalb Jahre als Softwareingenieur und Consultant. Parallel dazu hat er 2009 mit dem Jus-Studenten David Christen ein Seminar für Start-Up-Projekte besucht, das die KTI, der Förderagentur für Innovation des Bundes, anbietet.

Dem Ziel, den Abrechnungsprozess der Sozialleistungen für Hausangestellte durch eine IT-Lösung zu vereinfachen, stand nun dank Christens juristischem Know-how nichts mehr im Wege. Sie gründeten die Firma Service Hunter AG und machten sich daran, das Projekt umzusetzen. Bei der Ausarbeitung der Verträge konnten die beiden auf die Unterstützung einer Anwältin zählen. Das war 2010.

Herausgekommen ist quitt.ch. Das Projekt ist ein Spin-Off der ETH Zürich. Dank der Unterstützung der Hochschule kamen die Jungunternehmer in den Genuss der Büroräumlichkeiten im Technopark, laut Christen ein entscheidender Schritt. Sie profitieren von der privaten Förderinitiative Venture Kick und einem Coaching durch die KTI-Start-Up.

Mit einem Klick quitt

Seit Ende 2011 ist der Onlinedienst nun in Betrieb. Vera Studer gehört zu den ersten Kunden des Portals und ist vom Dienst begeistert. Den Nettolohn zahlt sie ihrer Reinigungskraft bar aus. Einmal im Monat nimmt quitt.ch die obligatorischen Abzüge von ihrem Onlinekonto vor, das Studer per E-Banking oder Einzahlungsschein auflädt, und leitet diese den Versicherungen weiter.

Als Arbeitgeberin brauchte sie ihre Haushaltshilfe nur auf dem Onlineportal zu registrieren; damit war das Arbeitsverhältnis legalisiert. Jetzt übernimmt quitt.ch die Abrechnung der Sozial- und Unfallversicherung sowie der Quellensteuer. Studer entschädigt den Dienst als Arbeitgeberin mit einer jährlichen Bearbeitungsgebühr in Höhe von 8,4 Prozent der Gesamtkosten.

Ihr Portal quitt.ch stosse auf eine grosse Resonanz, sagt Christen: «Erstkunden überzeugen oft ihre ganze Verwandtschaft von unserem Dienst.» Mehrere hundert Kunden zähle quitt.ch inzwischen. Genaue Zahlen will Christen nicht herausgeben.

Weiterentwicklung durch Kundenfeedbacks

Wichtig für die Weiterentwicklung der Plattform sind laut Christen die Feedbacks der Kunden. Als Studers Reinigungshilfe schwanger wurde, nahmen Moser und Christen den Impuls auf und integrierten auch die Mutterschaftsversicherung in ihr Produkt. So basiert die Weiterentwicklung der Software auf juristischen und anwendungsbasierten Fragestellungen.

Der Onlinedienst soll künftig auch Arbeitgebern in der Westschweiz und im Tessin zugänglich sein. Er ist zurzeit in vier Sprachen verfügbar, neben Deutsch auch auf Italienisch, Englisch und Portugiesisch. Lösungen für vollzeitbeschäftigte Reinigungskräfte müssen noch gefunden werden, und die berufliche Vorsorge ist in Planung. Inzwischen beschäftigen die zwei Jungunternehmer zwei Entwickler und einen Praktikanten, und auch im Bereich Marketing hat quitt.ch eine neue Stelle zu besetzen.

SECO setzt auf Prävention und Kontrolle

Die Evaluation des BGSA von 2012 hält fest, «dass weniger das vereinfachte Abrechnungsverfahren, als vielmehr die verstärkte Thematisierung von Schwarzgeld ab 2008 in der Öffentlichkeit zu einer Sensibilisierung geführt hat». Für das Staatssekretariat für Wirtschaft besteht Verbesserungspotenzial in der Öffentlichkeitsarbeit und der Prävention sowie durch effizientere Kontrollen. Eine Zusammenarbeit mit quitt.ch oder anderen privaten Diensten sieht das SECO nicht vor, mit der Begründung, keine privaten Dienstleister zu unterstützen.