Veröffentlicht am 18.02.2009TEXT: Daniel Gertsch

Foto: Ruedi Lehner

Grundeinkommen vs. Existenzminimum

dg. Ein Grundeinkommen soll das bestehende Existenzminimum ablösen. Diese These wird an den Foren des Netzwerks für sozial verantwortliche Wirtschaft (NSW) in Bern regelmässig diskutiert.

Jeder Mensch habe Anspruch auf ein Grundeinkommen. Dies die Forderung des Referenten Sascha Liebermann, einem promovierten Gesellschaftswissenschafter aus Frankfurt am Main. Titel seines Referats Anfang Jahr am Forum des NSW: «Das Grundeinkommen als Reform des Sozialstaates: Freiheit ermöglichen, Demokratie stärken, Leistung fördern.» Die Idee eines Grundeinkommens beinhaltet, dass jede Schweizerin und jeder Schweizer ab 18 Jahre vom Staat monatlich einen Betrag erhalten soll, der die Kosten des Existenzminimums deckt, ohne einen damit verbundenen Arbeitszwang. Finanziert werden soll dieses Grundeinkommen durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und durch die Abschaffung aller Sozialleistungen.

In der Schweiz hat die «Initiative Grundeinkommen» mit Sitz in Basel einen Kinofilm zum Thema lanciert und prüft die Möglichkeit einer Volksinitiative. In Deutschland darf die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens demnächst vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vorgetragen werden.

Arbeitnehmende sind flexibler und mobiler

Die Tatsache, dass mit dem Grundeinkommen verhindert werden könne, dass arme Menschen unwürdig ihr Dasein fristeten, sei mehr als nur eine moralische Entlastung der verdienenden Gesellschaft, sagte Liebermann. Er verspreche sich vom Grundeinkommen zusätzlich eine erhöhte Flexibilität und Mobilität der angehenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die politische Entwicklung in Deutschland habe im Verlauf der Diskussionen rund um die Hartz-Konzepte eine grundlegende Verschärfung aller Sozialgesetze mit sich gebracht. Damit sei auch ein Umdenken angezeigt und mit der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ein neues Ziel gesetzt worden.

Sozialer Spielraum für Arme wird erhöht

Die Reaktionen auf die Idee eines Grundeinkommens seien verschieden, sagt Liebermann, zumal die einen die Initiative als neoliberal oder gar kommunistisch einschätzten. Andererseits machten sich namhafte deutsche Unternehmer wie Götz Werner für die Initiative stark.

Man sei sich untereinander einig, dass jeder Mensch sein Leben selber in die Hand nehmen müsse; da ja niemand dem anderen sagen könne, wie Entscheidungen getroffen werden sollten. Deshalb, so Liebermann, müsse man der armen Bevölkerung einen erhöhten sozialen Spielraum einräumen, damit sich der Einzelmensch darin auch eigenständig und zugunsten seines Mitmenschen realisieren könne.