Veröffentlicht am 12.03.2015TEXT: Tomas HricoFOTO: Simone Gloor

Berufserfahrungen hegen und pflegen

Die Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz hat mehrere hundert Berufstätige ab 50 mit Fragen zu ihrem Wohlbefinden am Arbeitsplatz konfrontiert. Fazit: Die Befragten wünschen sich mehr altersspezifische Gesundheitsmassnahmen.

452 Erwerbstätige ab 50 beteiligten sich an der repräsentativen Umfrage der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. Mit nüchternem Ergebnis: Drei Viertel der Befragten gaben an, dass in ihrem Betrieb das Thema «Gesundheitsförderung bei älteren Mitarbeitenden» kaum präsent sei. Ein Grossteil der Teilnehmenden kann zwar auf gesundheitsspezifische Massnahmen am Arbeitsplatz zugreifen, diese sind jedoch nicht auf ihr Alter abgestimmt.

Reichhaltiges Angebot

Viele Arbeitgeber stellen beispielsweise Ernährungs-, Sport- und Bewegungsangebote zur Verfügung. Die berufstätige Generation 50plus möchte laut der Befragung aber eher Unterstützung, um das Privat- und Berufsleben besser auszubalancieren. Ausserdem äusserten viele der Befragten den Wunsch, dass der Betrieb die Zusammenarbeit zwischen der jungen und der älteren Belegschaft verbessern sollte. Die über 50-Jährigen sind überzeugt, dass sie so effizienter arbeiten könnten. «Es geht der Gruppe 50plus in erster Linie darum, dass die Arbeitsbedingungen und somit das Wohlbefinden am Arbeitsplatz im Fokus ihrer Bedürfnisse steht», sagt René Rippstein, Leiter Betriebliches Gesundheitsmanagement und Mitglied der Geschäftsleitung von Gesundheitsförderung Schweiz.

Vernachlässigte KMU

Das betriebliche Gesundheitsmanagement werde im öffentlichen Dienst sowie bei grösseren Unternehmen häufiger umgesetzt, als etwa bei den KMU. Die Institutionalisierung der Prozesse und vorhandene Ressourcen machen es Grossunternehmern leichter, auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu achten.

Da die Schweiz jedoch ein KMU-Land ist, brauche es auch für Kleinbetriebe optimale Präventionsstrategien, um das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten zu gewährleisten: «Grundsätzlich gilt, sich regelmässig Pausen zu gönnen, sich ausgewogen zu ernähren und Pausen auch für einen kurzen Spaziergang zu nutzen. Yoga, Aerobic und Apfelkörbe sind sicherlich auch ein guter erster Schritt, um etwas für Entspannung, Bewegung und Ernährung zu tun», sagt René Rippstein und ergänzt, dass Stress am Arbeitsplatz nicht zwingend negativ sein muss. Er könne gar kurzfristig die Leistungsfähigkeit steigern. Voraussetzung sei jedoch, die Betroffenen gönnten sich genug Erholung.

«Des Weiteren wirkt eine flexible Arbeitszeiteinteilung zwischen Beruf und Familie stressabbauend, wodurch sich Gesundheitskurse erübrigen. Mitarbeitende sollten darauf verzichten, regelmässig Arbeit mit nach Hause zu nehmen und in der Freizeit Mails abzurufen oder gar zu beantworten.» Für Angestellte ab 50 sei eine altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung ratsam. So brauchen ältere Menschen mehr Ruhe für konzentriertes Arbeiten. Um ihre Karriere effektiv voranzutreiben, sollten sie weniger körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichten wie zum Beispiel Bauarbeiten. «Dafür sind praxisbezogene Beschäftigungen im Lager oder Büro ideale Alternativen für Leute älteren Kalibers.»

Wohlverdiente Auszeichnung

Zahlreiche Betriebe in der Schweiz befassen sich bereits ausreichend mit dem Thema Gesundheit am Arbeitsplatz. Dazu zählen zum Beispiel die Swiss, die Zürcher Kantonalbank, die Migros, die SBB sowie Feldschlösschen und Kambly. «Es zeigt, dass sich ein systematisches Gesundheitsmanagement sowohl in grossen als auch kleinen Unternehmen umsetzen lässt», so René Rippstein. Immerhin arbeiten in den von Gesundheitsförderung Schweiz mit dem Label «Friendly Work Space» ausgezeichneten 55 Firmen 180 000 Erwerbstätige. Das Gesundheitslabel erlangen Betriebe, die in jedem der geprüften 26 Kriterien überdurchschnittlich gut abschneiden.