Veröffentlicht am 07.10.2013FOTO UND TEXT: Nicola Mohler

Unterschriftensammler und das Initiativkomitee auf dem Weg zur Bundeskanzlei – angeführt von Daniel Straub, Leiter des Komitees.

Bedingungsloses Grundeinkommen

Mit 126 000 Unterschriften hat das Initiativkomitee seine Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen eingereicht. Der Übergabe ging eine spektakuläre Aktion voraus: Die Initianten schütteten auf dem Bundeshausplatz acht Millionen Fünfräppler aus.

Um 11 Uhr war es soweit: Unterschriftensammler und das Initiativkomitee übergaben 126 000 Unterschriften für ein bedingungsloses Grundeinkommen an die Bundeskanzlei. «Wir glauben an das Umdenken. Daran, Arbeit und Einkommen zu entkoppeln. Damit wollen wir eine gesellschaftliche Debatte auslösen», sagt Christian Müller, Mitglied des Komitees. Er war es dann auch, der die letzte Schachtel an die Bundeskanzlei überreichte und danach seinem Komiteekollegen Daniel Straub glücklich um den Hals fiel. Das Initiativkomitee besteht aus Publizisten, Unternehmern und Künstlern. Nach der Einreichung der Listen bei der Bundeskanzlei befasst sich nun der Bundesrat mit der Idee. Werden alle Vorschriften eingehalten, stimmen die Schweizer in zwei oder drei Jahren über die Volksinitiative ab.

Goldener Bundesplatz

Um das Anliegen eines bedingungslosen Grundeinkommens zu versinnbildlichen, schütteten die Initianten auf dem Bundesplatz acht Millionen Fünf-Rappen Stücke aus. Mit den Münzen im Wert von 400 000 Franken wollten die Initianten zeigen, dass das Geld für ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz vorhanden wäre. Dafür nahmen sie einen Kredit auf und tauschten das Geld bei der Nationalbank in Fünfräppler um.

Die Volksinitiative verlangt, dass jeder Schweizer ein bedingungsloses Grundeinkommen erhält, egal ob er erwerbstätig ist oder nicht. Das Grundeinkommen soll nicht zusätzliches Geld sein, sondern ersetze das heutige Einkommen. Wie hoch der Betrag ausfällt, legt der Initiativtext nicht fest – er soll aber ein «menschenwürdiges Dasein» ermöglichen. Das Komitee stellt ein Grundeinkommen von 2500 Franken für Erwachsene und 625 Franken für Kinder monatlich zur Diskussion. Über den genauen Betrag sei demokratisch abzustimmen, steht im Initiativtext.

In der Schweiz könnte das Grundeinkommen den Staat Schätzungen zufolge 200 Milliarden Franken kosten, was fast einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Befürworter schlagen vor, dass aus Sozialversicherungen etwa 70 Milliarden Franken eingesetzt würden. Die weitere Finanzierung, wie etwa durch Steuern oder Umverteilungen, müssten politisch ausgehandelt werden.

Breite Ablehnung

Ein bedingungsloses Grundeinkommen hätte wesentliche Veränderungen unserer Arbeitswelt zur Folge und wird über die Landesgrenze hinaus diskutiert. In fast allen politischen Lagern gibt es Befürworter und entschiedene Gegner. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse sieht mit der Initiative die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bedroht: «Das Grundeinkommen würde zu einem massiven Rückgang der wirtschaftlichen Leistung und der Konkurrenzfähigkeit der Schweiz führen. Ein enormer Wohlstandsverlust wäre die Folge», schreibt Economiesuisse auf seiner Homepage. Kritiker warnen zudem, dass die Menschen ihre Motivation verlieren und faul zuhause sitzen bleiben würden, wenn ein gewisser Lebensstandard ohne Arbeit gesichert sei. Auch sprechen sie vom Einkommensparadies Schweiz, das für jeden Ausländer als Ziel attraktiv würde.

Unterstützer der Idee verweisen auf andere wichtige Aufgaben, die Menschen mit einem Grundeinkommen übernehmen könnten und dafür endlich entlohnt würden, wie etwa die Pflege von Familienangehörigen, Hausarbeit oder Kindererziehung. Die Initianten verstehen ihre Forderung als Kulturimpuls, der eine Auseinandersetzung mit vielen grundlegenden Fragen anstossen soll.